Video: Lohnunternehmen Jürgens - Trockenkalk streuen mit Spezialtechnik
Für ihren Kalkstreuer sind Lohnunternehmer Heinz und Vater Theo Jürgens aus Neuenkirchen, Nordrhein-Westfalen, überregional bekannt. Sie sind die einzigen Festangestellten. In der Hauptsaison werden zusätzlich sieben bis acht Aushilfen beschäftigt, weil dann sogar im Schichtbetrieb gestreut wird. „Der Streuer muss dann fast rund um die Uhr laufen. Dafür brauchen wir in der Streukette nicht mehr als einen Schlepper und zwei Zubringer-Lkw“, erklärt er und vergisst dabei seine eigene, sehr elementare Arbeitsleistung. Er ist es nämlich, der mit Mobiltelefon, Laptop und Navigationssystem das komplette Auftragsmanagement und vor allem die Logistik von Streuer und Lkw orchestriert. Letztere tüftelt er auf seinem Laptop akribisch aus, trimmt sie auf Streu-Effizienz und spielt sie den drei Fahrern täglich auf ihre Navigationssysteme. "Wir arbeiten mit vielen Aushilfen, die nicht ortskundig sind, und ich möchte, dass die Fahrer, egal, ob fest angestellt oder Aushilfe, sich voll und ganz auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren können. Nur so sind wir effizient und verdienen Geld.“
Abrechnen nach Kalkmenge
Bezahlen lässt er sich seine Dienstleistung nämlich nach ausgebrachter Kalkmenge. Den Kalk bezieht er von zwei Kalkwerken. Das Kalkwerk Breckweg liegt in der mittelbaren Nachbarschaft zum Lohnbetrieb, das zweite Kalkwerk Middel am Waldhügel in Rheine. „Wir sind mit unserer Streuerkette im Umkreis von 60 km um die zwei Kalkwerke unterwegs. Der Diesel ist beim Streulohn mit einkalkuliert, wird dem Kunden aber extra ausgewiesen“, erklärt Heinz Jürgens. Während der Kalkpreis für alle Kunden gleich ist, richtet sich der Preis für die eigentliche Dienstleistung des Streuens nach der Entfernung zwischen Kalkwerk und Zielfläche und der Erreichbarkeit für den Lkw. Je größer der Transportaufwand, desto höher der Streulohn. Die Ausbringmenge wird vorher mit dem Kunden festgelegt, sodass Heinz Jürgens dann Geld verdient, wenn er sie in möglichst kurzer Zeit ausbringt. „Und dabei müssen wir natürlich trotzdem die Qualitätsansprüche des Kunden nach gleichmäßiger Verteilung erfüllen“, betont er. Dafür sorgen seine Spezialtechnik und ein guter Fahrer. Sein Ziel in der Logistik ist es, den Streuer so zu schicken, dass er die Zielorte wie eine Perlenkette nacheinander abfahren kann. „Er soll keine Stillstandzeiten haben und möglichst wenig Zeit auf der Straße verbringen. Dafür sind schließlich die zwei Lkw da“, erklärt Heinz Jürgens. Seine Mantren beim Kalken sind also Präzision und Flächenleistung.
„27 t ist das maximale Fassungsvermögen unseres Streuers. Dann wiegt das Gespann insgesamt 50 t, aber das laden wir nur bei sehr trockenen Bodenverhältnissen im Sommer zu“, ergänzt er. Dann benötige der Streuer für die Ausbringung 30 bis 45 Min. „Bei 60 km Maximalentfernung zum Kalkwerk kann es dann auch schon mal zu Stillstandzeiten kommen“, räumt der Logistikspezialist ein. 70 bis 80 % ihrer Aufträge lägen aber bei Entfernungen von 20 bis 30 km und dann laufe der Streuer rund um die Uhr.
Spezialität Trockenkalk
„Im Gegensatz zu uns streuen die meisten Feuchtkalk und können dafür vorhandene Teller- oder Miststreuer verwenden. Feuchtkalk hat 93 % TS oder mehr und ist deutlich günstiger als Trockenkalk mit 99 % TS. Aber er ist eben auch gröber vermahlen und in seiner Wirkung deutlich schlechter, sodass sich Feuchtkalk für den Landwirt am Ende nicht rechnet. Je feiner der Kalk vermahlen ist, desto besser seine Wirkung, desto schwieriger aber auch seine Ausbringung“, erklärt Vater Theo Jürgens.
Die zwei Männer arbeiten ausschließlich mit Trocken- und Branntkalk und sind damit einer von sehr wenigen Lohnbetrieben. Der Grund sei die Eigendynamik des fein vermahlenen Stoffs, so der Senior. „Es handelt sich um ein Schüttgut, das sich nicht zu 100 % exakt dosieren lässt. Dafür braucht es ganz spezielle Technik“, erklärt er. Deshalb haben die Jürgens vor zehn Jahren einen Kalkstreuer ganz nach ihren Vorstellungen bauen lassen. Bis auf das Chassis und den Aufbau, beides von Fortuna, haben sie das Gerät komplett selbst konstruiert. „Wir bringen den Kalk über zwei Hydraulik-Schnecken aus, die im Gestänge verbaut sind und den Kalk über die volle Breite von 20 m gleichmäßig verteilen. Alle 15 cm befindet sich ein Auslassloch. Die Öffnung kann ich mechanisch über Schieber regeln. Sie ist mit zunehmender Entfernung vom Fass bzw. mit abnehmendem Druck in der Leitung weiter gestellt. Unser Gestänge ist an den Enden geschlossen, damit sich der Kalk, der nicht abgegeben wird, im System zurückstaut und letztlich gleichmäßig über die komplette Gestängebreite verteilt. Übrigens können wir auch auf einer Teilbreite von 10 m streuen“, berichtet er begeistert. Die gewünschte Ausbringmenge regelt er über die Fahrgeschwindigkeit und muss dabei den Innendruck des Systems im Blick behalten. Der wird ihm über ein Manometer am Streuer angezeigt.
Damit selbst bei Höchstgeschwindigkeiten von 10 km/h auch alles auf der Zielfläche landet, ist das Gestänge mit mehreren Lagen Gummischürzen bestückt, die bis zum Boden reichen. Sie verhindern, dass der Kalk mit dem Fahrtwind weggetragen wird.
Nur 100 Einsatztage
Der Streuer könne, je nachdem wie weit die Flächen zum Kalkwerk und voneinander entfernt lägen, zwischen 150 und 200 t Trockenkalk am Tag ausbringen. „Wir haben auch schon einmal 240 t geschafft“, erinnert sich Heinz Jürgens. Bei einer Jahresleistung, die er mit durchschnittlich 15.000 bis 20.000 t angibt, sind das rein rechnerisch nur 100 Einsatztage für die Streukette. „In dieser kurzen Zeit müssen wir das Geld fürs ganze Jahr verdienen“, verdeutlich der Unternehmer. Dafür bleiben ihm zwei Zeitfenster – jetzt nach der Getreideernte bzw. vor der Winterbestellung und dann nochmal im Frühjahr vor der Aussaat der Sommerungen.
Ausgeklügelte Logistik
„Droht ein neuer Kunde mit einem Auftrag, gibt es zunächst ein Aufnahmegespräch beim Landwirt vor Ort“, scherzt Heinz Jürgens. Er nimmt die zu kalkenden Flächen auf, indem er sie in Google Earth einzeichnet, alle Zufahrten und die präferierte Anfahrt markiert, die Fläche benennt und sie mit einer durchlaufenden Zahl versieht.
„Nach der Flächenaufnahme besprechen wir die Kalkmenge, die in der Regel zwischen 2,5 und 3 t/ha liegt. Diese Info brauche ich später für die Erstellung des Auftragszettels“, erklärt er. Seit zehn Jahren arbeitet er nun so und speichert alle Daten in einer Cloud und kann so jederzeit auf die Navigations- und Auftragsdaten zurückgreifen und sie einfach mit der Rechnungsstellung verknüpfen. Im Grunde benötige er gar kein Büro und manage seinen Betrieb komplett cloudbasiert.
Später beginnt dann seine eigentliche Arbeit – das Bündeln von Aufträgen auf einen Termin und die Planung der Route mit möglichst kurzen Wegen für den Streuer und einer sicheren Anfahrt für die Zubringer-Lkw. „Dazu habe ich auf google-Earth alle Flächen und die Zuwegungen in der Übersicht. Die optimale Route erstelle ich in meiner Navigationssoftware. Ist der Tag gekommen, exportiere ich die Route auf die Navigationsgeräte der drei Fahrer“, erklärt Heinz Jürgens sein Spezialgebiet.
Anne Ehnts, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN