Carsten Erlemeyer: LU-Tagebucheintrag Nr. 10

Verschollen zwischen Blattwerk, Stängeln und Kolben war er. Umzingelt von Schwarzkittel und Grünröcken, dem Zünsler ganz nahe. Aber er ist wieder zurück aus dem Einsatz in Brandenburg, unversehrt, unser Tagebuchautor Carsten Erlemeyer aus Velen, bei LU Hante.

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HighlightsAbgefahren! Alles abgefahren im Oderbruch. Ein Haufen Silomais, 17000 Tonnen Mais, gehäckselt, abgefahren und festgefahren. 2000 Tonnen, wohl verpackt, lagern in einer Feldmiete. Gut 570ha Ackerland auf gefühlten 6 Flächen sind wir dafür abgefahren. Die Gegebenheiten dort sind für uns Westfalen schon etwas Besonderes, aber im positiven und negativen Sinne. Allein die 2,5km lange Zufahrt zur BGA ist schon ein Highlight. Bei 14km/h ist Ende, sonst wird man vermutlich aus der Kabine geschleudert.

AußenarbeitenMais, Mais, Mais. Die Arbeitszeiten explodieren. Das zerrt ganz schön. Anfangs ist alles voller Euphorie, nach zwei Wochen wird es sehr anstrengend. Ab dem Bergfest geht es dann wieder. Hier muss man aufpassen, dass die Stimmung nicht kippt. Besonders die Arbeit fern der Heimat geht an die Nerven. Das ist schon anders als am Abend ins vertraute Bett zu sinken. Man kann nicht genau abschätzen, wann man wieder im bekannten Bett liegt. Witterungsbedingte Planänderungen und die teilweise katastrophalen Weg- und Ackerverhältnisse setzen einen gewaltig zu. Sand- oder Kopfsteinpflasterpisten über die sich schon Napoleons Truppen schleppten. Ackerflächen bis zum Horizont, über Kuppen und Wasserlöcher hinweg, vor den Augen nur Mais.

Nur Mais mit einem TS -Gehalt von 28 - 32% sollte geerntet werden. Mit einem „NIR"-Sensor am Häcksler lässt sich der TS Gehalt bestimmen. Das hieß für uns: Proben nehmen, mit dem Häcksler quer durch und so den Trockenmassegehalt bestimmen. Lag der Wert unter 28%, ist die Karawane zum nächsten Schlag gezogen. Wenn dann alles „Reife" ab war, ging es zwischenzeitig auch mal wieder nach Hause. Dort sind die Kunden nicht so skeptisch, bzw. vertrauen auf ihren „grünen Daumen". Ein interessantes Phänomen im Oderbruch ist, dass geringste Niederschläge die Arbeit unmöglich machen. Nieselregen reicht aus und das Profil der Reifen setzt sich zu. Die Fahrwege auf den Flächen werden zur Schmierseifenpiste. Wer die Piste verlässt, hat ganz verloren. Schon sehr preußisch: „Ein Weg! End keine Abweichler!" Außerdem sind die Straßen riskant verschmutzt. Hervorzuheben sind die Jäger in den unendlichen Weiten. Die waren stets zur Stelle, wenn sich ein Schlag dem Ende zuneigte. Zu Recht, denn Wildschweine waren häufig anzutreffen, Rotten mit 5 oder 10 Tieren und davon nicht nur eine. Die Wildschadensflächen hätten manchen Westfalen um den Schlaf gebracht. Schlaflos machen die Maisanbauern hier an der polnischen Grenze der Maiszünsler. Haufenweise abgeknickte Pflanzen waren zu finden. An den Knickstellen ist deutlich das Bohrmehl der Falterlarven zu erkennen.

WerkstattIm Osten gab es bis auf einen Satz defekter Riemen am Körnerprozessor des JD 7350i Feldhäckslers und zwei defekten Hydraulikzylindern an unserem Kemper Häckseltransportwagen keinerlei großen Vorkommnisse. Das ist auch gut so! Auch wenn das keine Geschichte hergibt. Denn die Ersatzteilbesorgung ist dort nicht so einfach und für Reparaturen eigentlich gar keine Zeit. Ach, das alte Problem mit den Reifen sollte man vielleicht noch eben erwähnen. Für den Bergmann Shuttle Ladewagen mussten wir von zu Hause noch einen Satz Reifen mit Felgen der Größe R24 20.5 mit XS Profil, ein Reifen der so ähnlich auch oft bei der Bundeswehr zum Einsatz kommt, „importieren". Wie jedes Jahr hatte es nämlich zwei der normalerweise montieren Flotation-Reifen zerstört. Diese können die hohen Gewichte auf den schlechten Wegen nicht gut wegstecken und gehen schließlich an den Flanken kaputt. Zu Hause häuften sich die Probleme am Kemper 360 Maisvorsatz. Erst neue Rutschkupplungen, dann ein abgedrehter Stummel und schließlich ein zerstörtes Getriebe. Mit Gestank und Qualm hat es sich in die Ewigkeit verabschiedet. Als wir das Öl zur Demontage ablassen wollten, stellten wir fest, dass kein Tropfen mehr übrig war. Kein Wunder. Am Flansch war der Stahl bereits weiß ausgeglüht. Der Ölablassstopfen hing voll mit Spänen. Die aufwendige Reparatur haben wir dann durch eine Fachwerkstatt durchführen lassen. Doch lange gehalten hat es nicht. 10 Einsatzstunden später, liefen weitere zwei Reihen nicht. Ein Lager hatte bei der ganzen Aktion vorher schon Schaden genommen und hatte schließlich seinen Dienst quittiert.

FreizeitRegentage werden hemmungslos zum Überstundenabfeiern genutzt. Also alles mitnehmen was geht, denn man weiß ja nie wann dann nächste Mal kommt - ab ins heimische Bett.

TerminePünktlich in der Maiszeit geht natürlich die Schule wieder los. Eine Woche „entspannen" ist aber auch mal nicht schlecht. Geregelte Mahlzeiten und gut beheizte Räume.

 

 

Geschrieben von Kai Hasse