Das Leben des Buchdruckers
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Als der Frühling 2013 endlich kam, wurde er schon sehnsüchtig erwartet. Für mindestens einen wird der vergangene Winter aber günstig gewesen sein: den Buchdrucker (Ips typographus), ein unter 5 mm großer Borkenkäfer. Er überwintert in alle Entwicklungsstadien - Ei, Puppe, Larve und Adultkäfer - bevorzugt unter der Rinde von befallenen Bäumen, hauptsächlich Fichten mittleren und hohen Alters, seltener im Boden. Dort überwintern ausschließlich erwachsene Käfer. Die Eier und sehr junge Larven sind bedingt temperaturempfindlich: Temperaturen ab -10 bis -15 °C über einen Zeitraum von mehreren Tagen überstehen sie nicht. Diese hatten wir in den vergangenen Monaten nur selten, daher wird der größte Teil der Buchdruckervorkommen des Vorjahres überlebt haben.
Befall neuer Wirtsbäume
Sobald die Temperaturen 16,6°C erreicht haben, beginnen die Käfer und Larven unter der Rinde aktiv zu werden. Die Larven fressen, können sich verpuppen und zu fertigen Käfern entwickeln. Ab Mitte/Ende April verlassen die erwachsenen Käfer dann ihr Winterquartier und fliegen zu neuen Wirtsbäumen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass vor dem Ausflug eine bestimmte Temperatursumme erreicht werden muss, die Temperatur also mehrere Tage über 16,5 °C liegen muss. Je nach Region und bestandseigenem Innenklima kann die Schwärmzeit deshalb in diesem Jahr verspätet beginnen.Buchdrucker sind flugfähig, aufgrund ihrer Größe und Gewichts aber sehr anfällig dafür vom Wind abgetragen zu werden. Eine erfolgreiche Verbreitung ist bis in eine Entfernung von mehreren Kilometern vom Ursprungsbaum möglich. Mit steigender Distanz sinkt jedoch die Chance zusammen mit genügend Artgenossen einen Baum zu befallen. Sind geeignete Bäume jedoch in direkter Nähe, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass viele Individuen einer Brut das gleiche Ziel erreichen. Gewöhnlich bevorzugt der Buchdrucker vitale Bestände, weswegen er als Primärschädling gilt.
Abwehrmechanismen
Die Bäume reagieren auf das Einbohren der Käfer in ihre Rinde mit Harzfluss. Einzelne Käfer werden davon abgetötet, doch bei einem Befall mit mehreren hundert Käfern reicht dieser Abwehrmechanismus nicht aus. Schon vorgeschädigte Bäume können auch von weniger Käfern erfolgreich besiedelt werden. Hat ein Käferschwarm einen Baum erfolgreich besiedelt, sendet er Duftstoffe aus. Mit diesem lockt er Artgenossen an. Entgegen einer landläufigen Annahme gilt der Lockstoff nicht der Anlockung von Sexualpartnern, sondern wirkt auf Käfer beider Geschlechter.In den Anfangsstadien ist ein Befall der Wirtsbäume durch den Harzfluss und braunes Bohrmehl an der Rinde, am Stammfuß oder Spinnenweben in der näheren Umgebung erkennbar. In diesem Stadium kann durch eine rasche Entnahme der befallenen Bäume noch gegen eine Massenvermehrung gewirkt werden. Die geschlagenen Stämme sollten möglichst direkt abgefahren werden. Die Möglichkeit der Polterbegiftung sollte aus ökologischen Gründen nur im Notfall in Erwägung gezogen werden. Ähnlich verhält es sich mit der Entrindung, die durch den Entzug des Brutmaterials zwar sehr effektiv, aber auch sehr teuer ist.
Reproduktionszyklus
Der Reproduktionszyklus des Buchdruckers beginnt mit dem Einbohrens des Männchens in die Rinde und dem Anlegen der sogenannten „Rammelkammer", dem Zentrum des Brutbildes. Von dort aus nagt das begattete Weibchen Muttergänge, in denen es die Eier mit etwas Abstand zueinander ablegt. Bis die Larven schlüpfen, dauert es ungefähr zwei Wochen. Der Buchdrucker betreibt keine Brutpflege, sondern die Larven beginnen selbstständig mit ihrer Fraßtätigkeit. Durch diese wird der Saftstrom im Bast, der Versorgungsschicht zwischen Rinde und Splint, unterbrochen. Die Larvengänge verbreitern sich durch das Wachstum der Larven und Enden in einer ovalen Vertiefung, der Puppenwiege. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Larve drei Stadien in etwa drei bis vier Wochen durchlaufen. Die Entwicklung der Puppe zum Jungkäfer dauert eine bis zwei Wochen. Die Jungkäfer bleiben für einen Reifungsfraß noch einige Wochen unter der Rinde. Ihr ursprüngliches Brutbild verlassen sie erst, wenn der Nahrungsvorrat in diesem erschöpft ist. Dann schwärmen sie aus und befallen einen anderen Stammabschnitt des Wirtsbaumes oder befallen einen neuen Wirtsbaum. Insgesamt dauert die gesamte Entwicklung einer Käfergeneration sieben bis zwölf Wochen; in den Sommermonaten ist die Entwicklungsphase meist kürzer als im Frühjahr. In günstigen Jahren mit warmem Herbst kann auch noch eine dritte Generation angefangen werden, die in einem Jugendstadium überwintert.
Kurz vor dem Ausflug
Durch den Reifungsfraß der Jungkäfer wird die Verbindung zwischen Borke und Splint oft vollständig zerstört, einzelne Rindenschuppen oder ganze Platten fallen vom Stamm ab. Spätestens ab diesem Stadium kann gegen die aktuelle Generation nichts mehr unternommen werden. Auch erhöhter Spechtabgeschlag, der Verlust grüner Nadeln oder die Verfärbung der Krone von unten nach oben sind ein sicheres Zeichen für eine erfolgreiche Vermehrung des Buchdruckers. Durch das Ausschwärmen der jungen Käfer und dem Befall neuer Bäume drohen massive wirtschaftliche Verluste.
Gesa Lormis, Redaktion LOHNUNTERNHMEN
Erschienen in LOHNUNTERNEHMEN Mai 2013