"Es ist nicht notwendig, das Rad neu zu erfinden."

Die deutsche Regierung spricht über Gülle. Hoffentlich schaut sie dabei, was die Nachbarländer machen, meint Jens Noordhof in seinem Kommentar.
Chefredakteur Jens Noordhof

Erst schießen, dann fragen – was als Devise vielleicht noch in billigen Western oder beim Militär als Schmunzler dient, führt andernorts definitiv nicht zum Ziel. Unrühmliches und absolut spaßbefreites Beispiel ist das Handling der Nitratmessstellen und die daraus resultierende Ausweisung sogenannter roter Gebiete.

Scheibenweise gibt die Politik nun zu, dass offensichtlich das Messstellennetz zu dünn und an falschen Stellen gesetzt ist und zudem der Fokus nur auf den schlechten Werten lag. Nun wollen die politisch Verantwortlichen „darüber nachdenken“ – was (zu) lange dauern könnte. Derweil wird aber fleißig weiter geschossen, sprich die roten Gebiete werden durchgedrückt. Mit fatalen Folgen für die Landwirtschaft und auch die Lohnunternehmen.

Somit bleibt der Branche nichts anderes übrig, als hartnäckig und massiv unbequem zu sein – aber bitte konstruktiv. Vor dem Hintergrund machen Traktordemos tatsächlich Sinn, wenn gleichzeitig die eigenen Hausaufgaben gemacht und seitens der grünen Verbände zügig konstruktive Konzepte auf den Tisch kommen, wie es auch beim Kanzlerin-Gipfel zugesagt wurde. Gut wäre es dabei, auch die Erfahrungen aus den Niederlanden und Dänemark einzubeziehen, denn dort sind Politik und Landwirtschaft gedanklich schon deutlich weiter.

Es ist angesichts der Tragweite dieses Themas nicht notwendig, in Deutschland das Rad neu zu erfinden, wenn es andernorts schon rollt. Schlimm genug, dass Politik und zum Teil auch unsere Branche das Thema so lange verdrängt haben und jetzt alles übers Knie gebrochen werden muss.