EU-Kommission will GAP-Stilllegung aussetzen

Landwirte sollen unter bestimmten Bedingungen für ein Jahr von nichtproduktiven Flächen abweichen dürfen und trotzdem die GAP-Unterstützung erhalten.
Anstatt 4 % Ackerland brachliegen zu lassen, soll es möglich sein, 7 % mit stickstoffbindenen Pflanzen wie beispielsweise Bohnen zu bepflanzen. (Foto: Archiv)

Die Europäische Kommission hat Ende Januar vorgeschlagen, dass Landwirte in der EU 2024 Ausnahmen von den Vorschriften der Gemeinsamen Agrarpolitik zu verpflichtenden nichtproduktiven Flächen in Anspruch nehmen dürfen. Der Vorschlag der Kommission wurde den Mitgliedstaaten übermittelt, die in einer Ausschusssitzung darüber abstimmen werden. Er folgt den von mehreren Mitgliedstaaten auf den Tagungen des Rates (Landwirtschaft) formulierten Forderungen.

Um die GAP-Unterstützung zu erhalten, müssen Landwirte einen umfassenden Satz von neun Standards einhalten, die dem Umwelt- und Klimaschutz dienen. Das gilt für fast 90 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche in der EU und spielt eine wichtige Rolle bei der flächendeckenden Einführung nachhaltiger landwirtschaftlicher Verfahren. Diese grundsätzlichen Normen werden als GLÖZ-Standards bezeichnet, was für „guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand“ steht.

Landwirtschaftliche Betriebe unter 10 ha grundsätzlich befreit

Im GLÖZ-Standard Nr. 8 ist unter anderem vorgeschrieben, dass ein Mindestanteil von Ackerland für nichtproduktive Flächen oder Landschaftselemente vorgesehen ist. Letzteres bezieht sich in der Regel auf brachliegende Flächen, aber auch auf Elemente wie Hecken oder Bäume. Landwirtschaftliche Betriebe mit weniger als 10 ha Ackerland sind grundsätzlich von dieser Verpflichtung ausgenommen. Die Kommission sieht nun die Möglichkeit vor, dass alle landwirtschaftlichen Betriebe in der EU von dieser Verpflichtung ausgenommen werden und dennoch weiterhin GAP-Direktzahlungen erhalten können.

Stickstoffbindende Pflanzen statt Stilllegung

Anstatt 4 % ihres Ackerlandes brachliegend oder unproduktiv zu halten, wird davon ausgegangen, dass EU-Betriebe, die stickstoffbindende Pflanzen (wie Linsen, Erbsen oder Bohnen) und/oder Zwischenfrüchte auf 7 % ihres Ackerlandes anbauen, die Anforderung erfüllen. Zwischenfrüchte sind Pflanzen, die zwischen zwei Hauptkulturen angebaut werden. Diese Kulturen können als Tierfutter oder als Gründünger dienen. Der Anbau von stickstoffbindenden Pflanzen und Zwischenfrüchten bringt eine Reihe von Umweltvorteilen für die Bodengesundheit und damit auch für die Biodiversität der Böden und verhindert Nährstoffauswaschung. Die Kulturen müssen ohne Pflanzenschutzmittel angebaut werden, um den Umweltzielen der GAP zu entsprechen.

Die Mitgliedstaaten werden in den kommenden Tagen auf einer Ausschusssitzung über die Maßnahmen abstimmen. Anschließend wird die Kommission mit der förmlichen Annahme fortfahren. Die Verordnung soll rückwirkend ab dem 1. Januar 2024 gelten. Mitgliedstaaten, die die Ausnahmeregelung auf nationaler Ebene anwenden möchten, müssen dies der Kommission innerhalb von 15 Tagen mitteilen, damit die Landwirte so bald wie möglich informiert werden können.

Hintergrund

Die Landwirte sind mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten und Unsicherheiten konfrontiert. Das vergangene Jahr war insbesondere durch eine große Zahl extremer Wetterereignisse gekennzeichnet, mit Dürren, Waldbränden und Überschwemmungen in verschiedenen Teilen der Union. Diese Ereignisse wirken sich sowohl auf die Produktion und die Einnahmen als auch auf die Durchführung und den Zeitplan normaler agronomischer Verfahren aus. Das verursacht einen starken Anpassungsdruck für die landwirtschaftlichen Betriebe. 

Die hohen Energie- und Betriebsmittelpreise infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine, die Lebenshaltungskosten/Inflationskosten, veränderte internationale Handelsströme und die Notwendigkeit, die Ukraine zu unterstützen, haben zu weiteren Unsicherheiten und Marktdruck geführt. Auch der Getreidepreis ging im Vergleich zu 2022 stark zurück. Das hat dazu geführt, dass der Wert der Getreideerzeugung in der EU-27 von 80,6 Milliarden Euro im Jahr 2022 auf 58,8 Milliarden Euro im Jahr 2023 zurückging. Das ist ein Rückgang um fast 30 %. Unter solchen Umständen kann die Verpflichtung zur Flächenstilllegung kurzfristig erhebliche negative Auswirkungen auf die Einnahmen von Landwirten haben.

Die Unterstützung der Kommission für den Agrarsektor ist in der Europäischen Union konstant. Für den Zeitraum 2023–2027 werden 300 Milliarden Euro im Rahmen der GAP-Strategiepläne an europäische Landwirte verteilt. Seit 2014 hat die Kommission auch Sondermaßnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro genehmigt, um den Sektor angesichts zahlreicher Krisen zu unterstützen.

Europäische Kommission/cca