Kommentar: "Das dicke Ende kommt noch!"
Einkäufer und Fertigungsleiter bei Landtechnikherstellern sind derzeit um ihren Job nicht zu beneiden. Gestörte Lieferketten oder gar komplette Ausfälle einzelner Lieferanten sorgen seit Monaten dafür, dass einst reibungslos laufende Montagebänder immer wieder stocken und ein erheblicher Teil der Maschinen und Geräte nicht planmäßig im ersten Anlauf fertiggestellt werden kann – Tetris lässt grüßen. Neben den Fabrikhallen reihen sich teils hunderte Maschinen, bei denen oft nur wenige Bauteile fehlen, die aber trotzdem auslieferfähig sind. Und was an Komponenten verfügbar ist, entspricht oft genug nicht dem eigentlich angestrebten Qualitätsniveau. Hauptsache fertig – auch wenn dies offiziell kein Hersteller zugibt.
Diese Strategie ist ebenso verständlich wie unvermeidbar, schließlich rufen die Kunden vehement nach ihrer bestellten Ware. Was dabei jedoch kaum Beachtung findet, sind die zu erwartenden Folgeprobleme. Denn zunehmende Materialschwächen und damit verbundene Maschinenausfälle dürften in den kommenden Monaten und Jahren für neue Probleme und höhere Kosten sorgen. Salopp formuliert: Ärger mit Ansage, das dicke Ende kommt noch.
Das ist an sich keine überraschende Erkenntnis. Doch es stellt sich die Frage, wie Lohnunternehmer sich darauf vorbereiten und reagieren können? Ein denkbarer Ansatz sind zumindest bei Traktoren, Erntemaschinen und anderen komplexen Technikkategorien die Garantieverlängerungen. Oftmals gerade bei Lohnunternehmern als Geldschneiderei verpönt („baut lieber ordentliche Maschinen, dann brauchen wir so etwas nicht“), gewinnt dieses Produkt unter den aktuellen Bedingungen doch an Attraktivität. Die höheren Ausfallwahrscheinlichkeiten der Maschinen und mühselige Diskussionen mit Händlern oder Herstellern verringern derartige Vereinbarungen sicher nicht. Doch Garantieverlängerungen stärken Ihre Ansprüche und sorgen für planbarere Kosten. Zusätzlicher Aspekt: Die seit langem angepriesenen „Rundum-sorglos-Pakete“ beinhalten im Optimalfall auch die Ersatzteile. Und deren Kosten dürften in Zukunft nach dem Vorbild der Neumaschinenpreise ebenfalls deutlich steigen. Es lohnt sich also mehr denn je, derartige Angebote zumindest mal betriebswirtschaftlich ernsthaft zu prüfen – dabei aber trotzdem das Kleingedruckte nicht zu vernachlässigen. Denn bei Hintertürchen gibt es nach wie vor keine Lieferprobleme…
Jens Noordhof, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN