LU Trend-Report: Reifen 2017
Wer wandern möchte, ohne sich Blasen zu laufen, braucht gutes Schuhwerk. Gleiches gilt – im übertragenen Sinne – auch für Lohnunternehmer und ihre Fahrzeuge. Denn sie pflügen, säen, mähen und schwaden nicht nur, sondern bewegen Jahr für Jahr Millionen Tonnen Material. Deshalb sind Reifen für Traktoren, Erntemaschinen und „Implements“, also gezogene Fahrzeuge und Geräte, enorm wichtig. Aus diesem Grund hat die Redaktion 2014 einen LU Trend-Report zu diesem Thema erstellt – und ihn jetzt wiederholt. Was hat sich geändert? Wo ist die Einschätzung der Dienstleister noch genauso wie vor drei Jahren?
Preisfrage
Unsere erste Frage bezog sich auf die Schlüsselmaschine Traktor. Was sind 2017 die beiden wichtigsten Kriterien der Lohnunternehmer bei der Wahl der Schlepper-Pneus? Grafik 1 gibt darauf die Antwort. Das Verschleißverhalten steht an erster Stelle, was angesichts des relativ hohen Anteils Straßenfahrten auch nicht weiter verwundert. Innehalten ließ uns aber Platz zwei: die mit 31 % sehr eindeutige Positionierung des Preises. Bei den 100 Lohnunternehmern, die wir 2014 fragten, lag dieser Aspekt mit damals 7 % recht weit hinten im Ranking.
Worin mag die Ursache liegen? Einen gewissen Anteil daran mag die Tatsache haben, dass wir 2017 nicht exakt den gleichen Personenkreis befragt haben wie 2014. Unbestreitbar dürfte aber auch sein, dass die Lohnunternehmer insgesamt preissensibler geworden sind. Denn die Kostenbelastungen durch eklatant gestiegene Maschinenkosten bei gleichzeitig deutlich schwächerer Ertragslage sorgen für Ebbe in den LU-Kassen. Möglicherweise haben sich aber auch die Reifenqualitäten der Marken in den vergangenen Jahren stärker angeglichen.
Erheblich geringer bewertet wurden jetzt auch die Aspekte Laufeigenschaft (10,5 % gegenüber 21 % in 2014) und Traglast (6,5 % gegenüber 27 % in 2014). Die Bedeutung der Zugkraft liegt in beiden Umfragen etwa auf dem gleichen Niveau. Neu in unserer 2017er Befragung war bei den Traktoren der Faktor Marke. Deren Anteil im Ranking hat uns ebenfalls überrascht, da vielen Lohnunternehmern bei Reifen durchaus ein ausgeprägtes Markenbewusstsein zu attestieren ist. Hier sollte in der Beurteilung aber beachtet werden: Der absolute Prozentsatz bedeutet in diesem Fall nicht, dass die Reifenmarke egal ist, sondern dass sie eben nicht zu den beiden wichtigsten Kriterien gehört – derzeit jedenfalls.
Mehr Straßenfahrten
Wo wir gerade bei den Kriterien sind, wollten wir dieses auch in Bezug auf die angehängten Fahrzeuge wissen. Näheres dazu zeigt Grafik 2. Sichtbar wird, dass der Aspekt Preis bei den Implements vor drei Jahren bereits wichtig war, seitdem in der Bedeutung aber noch zugenommen hat und, wenn auch nur mit knappem Vorsprung, sogar auf Platz eins steht. Noch marginaler als ohnehin schon ist in diesem Segment der Punkt Reifenmarke geworden. Trend 2017 ist somit eindeutig, bei Traktoren wie bei Implements: Preis kommt vor Marke.
An Relevanz als wichtigste Entscheidungskriterien deutlich verloren haben bei den 100 Befragten bezüglich der angehängten Fahrzeugen dagegen Tragfähigkeit und Laufeigenschaften. Mehr als verdoppelt hat sich allerdings der Prozentwert für den Aspekt Selbstreinigung. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass die Erde bitte auf dem Acker bleibt und nicht nach erledigter Arbeit kilometerlang auf der Straße verteilt wird.
Apropos Straße: Wie viel ihrer Arbeitszeit verbringen die Dienstleister mit ihren Traktoren eigentlich auf der Straße? Grafik 3 zeigt uns die Antworten, wieder mit den Ergebnissen beider Umfragen im direkten Vergleich. Der Anteil Lohnunternehmer, die weniger als 30 % der Zeit mit den Zugmaschinen auf der Straße unterwegs sind, ist deutlich gesunken, in Stückzahlen von 21 auf 15. Umgekehrt lief es in der Gruppe, die zwischen 31 und 50 % der Zeit auf Straßen und Wegen rollt – gleichzeitig mit jetzt 47 Lohnunternehmern die stärkste Gruppe. Das Segment „51–70 %“ ist relativ stabil. Und die Straßen-Fans (>70 %) fällt um ein Drittel kleiner aus – absolut gesehen aber ein überschaubarer Anteil. Doch was bedeutet das nun in der Gesamtbetrachtung? Aus unserer Sicht ist die Tendenz zu mehr Straßenfahrt durchaus ableitbar – wobei die Ursachen vielfältig sein können. Doch der eine oder andere Dienstleister sollte darüber nachdenken, die Logistik zu einem größeren Anteil mit Lkw zu erledigen.
Mehr Regeldruckanlagen am Traktor
Der nächste Themenblock war für uns die aktuell wieder intensiv diskutierte Bodenschonung. Auf die Frage von Grafik 4, ob die Kunden der Lohnunternehmer verstärkt auf Bodenschonung achten, wenn ihr Dienstleister für sie ackert, antworteten 61 Lohnunternehmer mit „Ja“, 39 mit „Nein“. Interessant dabei: 2014 war die Relation noch 74 : 26. Geredet wird also viel über das Thema, die Kunden messen dem – zumindest in der Wahrnehmung der befragten Dienstleister – aber weniger Bedeutung bei. Allerdings setzen die Lohnunternehmer mittlerweile nach eigener Aussage etwas stärker auf Reifendruck-Regeltechnik. Waren es von den 74 Ja-Sagern 2014 noch 33 (= 45 %) mit Regelanlage, so liegt der Wert 2017 bei 34 von 61 (beziehungsweise 56 %).
Anschließend wollten wir von besagten 34, die eine solche Anlage als wichtig bezeichnen, wissen, für welche Maschinen das bevorzugt in Frage kommt. Favorit dabei ist 2017 der Traktor (2014 = 20,7 %, 2017 = 32,9 %). Damit löst er auf Platz eins die gezogenen Güllefässer ab, auf die vor drei Jahren noch 39 % und jetzt 25,6 % der Nennungen entfielen. Mehr als verdoppelt hat sich aus Sicht der Lohnunternehmer der Stellenwert einer Regelanlage bei selbstfahrenden Erntemaschinen (von 9,8 % auf 15,9 %). Relativ stabil sind die Anteile der Gülle-Selbstfahrer (2017 = 12,2 %) sowie der Lade- und Häckselwagen (2017 = 13,4 %) geblieben. Übrigens sollten nach Aussage von 51 der 100 Lohnunternehmer entsprechende Regelanlagen bei Traktoren gleich werksseitig ausgerüstet sein.
Reifen laufen länger
Mit der nächsten Frage konzentrierte sich unser Interesse wieder auf die Traktoren. Nun wollten wir wissen, nach wie viel Stunden die Reifen im Schnitt gewechselt werden (müssen), jeweils getrennt gefragt für Vorder- und Hinterreifen. Grafik 5 zeigt die Antworten und verdeutlicht die Entwicklung zwischen 2014 und 2017.
Statistisch wenig relevant, aber zum Nachdenken anregend ist dabei die Tatsache, dass 2017 erstmals überhaupt Antworten auf die Kategorie „<1.500 h“ entfielen. Dies dürfte nicht dem Wunsch nach ausgeprägtem Profil geschuldet sein, sondern dass die Reifen gewechselt werden mussten... Im Übrigen lässt die Gesamtbetrachtung den Schluss zu, dass Heckreifen tendenziell später gewechselt werden. Bei Vorderreifen ist die Aussage nicht ganz so eindeutig möglich, aber durchaus auch so interpretierbar.
Bei der Entscheidung für einzelne Reifenmarken spielt der Preis 2017 eine größere Rolle.
Auf der Zielgeraden der Umfrage haben wir das Thema Reifenmarken noch einmal aufgegriffen. Entscheiden sich die Lohnunternehmer beim Kauf von Ersatzreifen für die gleiche Marke, die sie auch mit der Neumaschine beziehungsweise dem Neufahrzeug geliefert bekommen haben? Wie Grafik 6 zeigt, antworteten vor drei Jahren 42 Dienstleister mit „Ja“ und 58 mit „Nein“. Etwas anders sieht dies 2017 aus, denn jetzt ist die Relation „nur“ noch 36 : 64.
Das zeigt aus unserer Sicht den klaren Trend, dass im Ersatzgeschäft oft andere Marken zum Zuge kommen als in der Erstausrüstung. Daraus ergeben sich mehr denn je Chancen für die Hersteller, die nicht ans Montageband liefern, um sich im wahrsten Sinne zu profilieren. Und für die sogenannten Premiumlieferanten bleibt die Herausforderung, damit im Ersatzmarkt stärker präsent zu sein. Oder sich aber eine Zweitmarke zuzulegen, die dann entsprechend positioniert wird.
Zum guten Schluss fehlt nur noch eines: das liebe Geld. Wie viel geben Lohnunternehmer im Schnitt pro Jahr für Reifen aus – wobei dabei der reine Ersatz gemeint ist. Erkenntnis gemäß der Werte in Grafik 7: Es gibt Verschiebungen in den vier von uns definierten Kategorien. In der kleinsten und größten fanden sich 2017 weniger Lohnunternehmer wieder, in den beiden mittleren dagegen mehr. Nichts dramatisches, aber nach unserer Einschätzung schon ein leichter „Trend zu mehr“.
Ein eigenes Reifenlager halten übrigens 67 der 100 Lohnunternehmer vor. Einer der Gründe dürfte der Wunsch sein, bei Schadensfällen kurzfristig reagieren zu können – schneller jedenfalls, als die Lieferung eines neuen Reifens dauert.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf Reifen also festhalten: Bei der Entscheidung für einzelne Reifenmarken spielt der Preis 2017 eine erheblich größere Rolle, während die Bedeutung der Marke an sich als wichtigstes Kriterium nachgelassen hat – zumindest in der Wahrnehmung unserer 100 Umfrageteilnehmer. Traktoren sind tendenziell mehr auf der Straße unterwegs. Bei Ackerarbeiten achten Landwirte nach wie vor mehrheitlich auf Bodenschonung. Somit legen Lohnunternehmer selbst mehr Wert auf Reifendruckregelanlagen – vor allem bei Traktoren, die diese Technik gern schon ab Werk an Bord haben dürfen. Insgesamt werden die Reifen später gewechselt. Und wenn ersetzt wird, dann kommen zunehmend andere Marken ins Spiel als in der Erstausrüstung. Wer hier punkten will, muss also Gas geben, um bei den Lohnunternehmern entsprechend auf dem Schirm zu bleiben.
Jens Noordhof, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN