Rodegemeinschaft Niederrhein GmbH: Rüben verbinden
An diesem Tag im November regnet es buchstäblich Bindfäden. Daher stand die Entscheidung schon früh am Morgen fest: Heute wird nicht weiter gerodet und die drei Grimme Maxtron 620 bleiben auf den Betrieben. „Das ist aber kein Problem, denn wir liegen gut in der Zeit“, versichert Rainer Strompen. Die drei Rübenroder machen am heutigen Tag eine Pause und werden stattdessen in den Werkstätten der Lohnunternehmer gewartet, mit denen die Rodegemeinschaft Niederrhein GmbH gegründet wurde.
Rainer Strompen erklärt, wie es zu dieser Situation kam: „Bereits im Jahr 1995 hat mein Vater mit zwei weiteren Lohnunternehmern eine Gesellschaft zum gemeinsamen Rübenroden gegründet. Diese Kooperation lief sehr gut - über viele Jahre hinweg. Im Jahr 2012 kam dann ein weiterer Gesellschafter hinzu und aus zwei Maschinen mit einer mittleren Auslastung wurde eine Maschine mit einer guten Auslastung. “
Von der Idee zur Umsetzung
Die Rodefläche in dieser Gesellschaft lag über die Jahre bei unterschiedlichen Kampagnenlängen zwischen 650 und 800 ha. Die Region im westlichen Nordrhein-Westfalen, nur etwa 3 km von der niederländischen Grenze entfernt, ist ein klassisches Rübenanbaugebiet. Aufgrund der Flächenstruktur und ca. 60 % der zu erntenden Mengen ab November, geriet das System mit einem Roder und vier Gesellschaftern an seine Kapazitätsgrenze. So mussten häufig Mietmaschinen hinzugezogen werden, um die Rübenflächen im vorhandenen Erntefenster ernten zu können.
Die Idee wuchs, die Rodegemeinschaft zu erweitern, um einerseits die Rodekapazität erhöhen zu können und andererseits die Auslastung über die Kampangne von Mitte September bis Dezember zu optimieren. In den vergangenen Jahren hat es mit befreundeten Lohnunternehmen schon viele Gespräche zu einer Zusammenarbeit gegeben. Rainer Strompen erklärt: „Wir kennen uns und arbeiten zum Teil schon über viele Jahre bei anderen Dienstleistungen zusammen. Auf die Pläne angesprochen, konnten wir vier weitere Gesellschafter gewinnen. Von diesen hat lediglich einer noch keine Erfahrungen mit einer Kooperation sammeln können, aber durch Gespräche haben wir Vertrauen aufbauen können.“
Nach einigen Vorgesprächen und der Wahl eines Geschäftsführers wurde die Rodegemeinschaft Niederrhein GmbH offiziell im September 2016 mit neun Gesellschaftern gegründet und deckt nun ein Gebiet von der holländischen Grenze bis westlich nach Moers und vom nördlichen Kevelaer nach Viersen im Süden ab.
Mit der Rodegemeinschaft konnten wir die Rodekapazität erhöhen und die Auslastung optimieren
Rainer Strompen, Lohnunternehmer
Zentrale Organisation
„Bedenken bestanden bei den Mitgliedern natürlich“, gibt Rainer Strompen zu. „Hauptsächlich war es die Sorge, eigene Kunden verlieren zu können. Wir haben mehrere Treffen veranstaltet und bei Gesprächen klar herausgestellt, dass wir miteinander und nicht gegeneinander arbeiten wollen. Dabei übernehme ich die Rolle des Geschäftsführers, weil alle Gesellschafter zusammen entschieden haben, dass in unserem Betrieb gute Voraussetzungen dafür gegeben sind. Ich arbeite Vollzeit im Büro und habe durch meine Ausbildung als Groß- und Außenhandelskaufmann und Landwirt sowie meiner beruflichen Laufbahn vor dem Eintritt in den elterlichen Betrieb bereits Erfahrung in der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen gesammelt. Wir haben aus der Vergangenheit umfangreiche Erfahrungen, um Kooperationen zu organisieren. Die Entscheidung war schnell getroffen, dass bei uns alle Fäden zusammen laufen.“
Das Konzept der Rodegemeinschaft sieht vor, dass das Jahr 2016 als Referenzjahr dient. Die Lohnunternehmer haben die Flächen ihrer bestehenden Kunden in die Gemeinschaft eingebracht. Anteilig nach dieser eingebrachten Fläche werden nach der Saison die Erträge ausbezahlt. Ein einfaches, aber noch nicht ganz abgeschlossenes Vorgehen, wie Rainer Strompen berichtet: „Dass es zu Beginn Diskussionen geben wird, war uns vorher klar. Vor allem geht es dabei um Kunden, die nicht eindeutig einem Lohnunternehmer zugeordnet werden können. In diesem Referenzjahr möchte natürlich jeder Betrieb möglichst viel Fläche mitbringen. Manchmal erreichen mich dann Anrufe im Büro, bei denen ich versuche zu vermitteln. Grundsätzlich ist es aber eine Sache, die die Beteiligten untereinander klären sollen.“ Bei den allermeisten Kunden blieb diese Diskussion jedoch aus, denn sie werden schon über viele Jahre hinweg von den gleichen Lohnunternehmern betreut. Für Rainer Strompen besteht die Schwierigkeit als neuer Geschäftsführer zu Beginn darin, herauszufinden, wie weit Absprachen sinnvoll und nötig sind. Niemand in der Gemeinschaft soll sich zu wenig informiert fühlen, denn das dauerhafte Gelingen steht und fällt mit den beteiligen Personen. Fest steht aber in jedem Fall ein Nachernte-Gespräch, nachdem die erste gemeinsame Rübensaison geschafft ist. Das Gespräch soll natürlich auch dazu dienen, die Schwachpunkte zu erkennen und zu beheben, um für die nächste Saison noch besser zu sein. Ein Ziel ist beispielsweise eine gemeinsame Rechnungsstellung sowie die Vervollständigung der Webseite.
Kunden behalten
Die vorhandenen Kundenbeziehungen und das damit aufgebaute Vertrauen sollen auch mit Gründung der Rodegemeinschaft aufrechterhalten bleiben. Insgesamt bedarf es bei der Umsetzung jedoch ein gewisses Maß an Feingefühl und Rainer Strompen erklärt, warum: „Die Kunden reagieren auf die Zusammenlegung der Rodeaktivitäten sehr unterschiedlich. Daher wurde beschlossen, dass sich möglichst wenig ändern soll und das Preisgefüge des letzten Jahres bleibt weitestgehend bestehen. Es wäre fatal bei ihnen mit einem neuen Roder, einem neuen Fahrer und noch einer neuen Rechnungslegung aufzutauchen. Ich denke, wir sind mit der jetzigen Lösung auf einem guten Weg, denn der jeweilige Lohnunternehmer bleibt weiterhin der Ansprechpartner für seine Kunden. Ich kann nicht jeden der 220 Kunden persönlich besuchen, der durch unsere Rodegemeinschaft bedient wird. Dazu nutzen wir die bisherigen Kontakte der einzelnen Lohnunternehmen in den Regionen.“ Die Dokumentation über die geleisteten Arbeitsstunden und gerodeten Flächen übernimmt der Fahrer auf einem Tagesrapport. Dies geschieht zum Teil elektronisch, zum Teil schriftlich, aber letztendlich laufen alle Daten im Büro von Rainer Strompen zusammen. Die Roder sind mit GPS ausgerüstet und das Ziel ist, die Abläufe möglichst so zu planen, dass es wenig Leerlauf gibt. Das betrifft auch das Umsetzen der Fahrzeuge. „Zum Glück dürfen wir die Roder mit einer Breite von 3,30 m in unserer Region noch ohne Begleitfahrzeug auf den Straßen bewegen.“
Das Jahr 2016 wird uns als Referenzjahr dienen, um die Flächenanteile festzulegen.
Rainer Strompen, Lohnunternehmer
Wachstum vorausgesagt
Die Investition in neue Maschinen war unter anderem nötig, damit die Roder untereinander getauscht werden können. Außerdem wollte man sich durch die Technik von anderen Mitbewerbern abheben. Die Wahl fiel dabei auf drei Maxtron 620 von Grimme. Die Roder verfügen über Gurtbandlaufwerke, die die Bodenbelastung minimieren und auch Fahrten während schwieriger Bodenbedingungen ermöglichen sollen. „Doch bei einem derart starken Regen wie heute, fahren wir trotzdem nicht raus. Die Maschinen würden es schaffen, aber zugunsten der Bodenschonung muss es nicht sein“, so LU Strompen. „Das Wetter soll sich die nächsten Tage bessern und wir haben schon fast die gesamte Menge für diese Woche gerodet. Wir versuchen die Rüben nicht zu weit im Voraus zu ernten, denn dadurch entstehen nur unnötige Lagerverluste. Für die Abfuhr zu der Zuckerfabrik ist die Spedition zuständig, die auch die Routenplanung für die Verlademaus übernimmt. Der Abfuhrplan ist online einsehbar und danach werden die Rodetermine mit den Kunden abgestimmt.“
Die Zuckerfabrik möchte in Zukunft die Verarbeitungsmenge um bis zu 30 % erhöhen, weiß Rainer Strompen. Pfeifer & Langen möchte Rohrzucker weiter durch heimischen Zucker substituieren. „Ich rechne für unsere Erntefläche mit einer Erhöhung um 10 bis 15 %. Im Jahr 2016 beträgt die Rodungsfläche der Rodegemeinschaft Niederrhein GmbH ca. 1.800 ha.“ Diese Fläche sei mit den vorhandenen drei Rodern gut zu bewältigen. Die neuen Gesellschafter hatten zum Teil eigene Roder, die sie nun verkauft haben. Alle Gesellschafter haben großen Wert darauf gelegt, dass die Gemeinschaft das gleiche Fabrikat fährt: „Die Roder müssen jederzeit von jedem Fahrer gefahren werden können und gleiches gilt für die Reparatur in der Werkstatt. Außerdem möchte ich vermeiden, dass es zu Konflikten aufgrund eines bestimmten Fabrikats kommt.“ Die jetztigen Roder von Grimme schätzt er sehr, denn durch das Entblättern der Rüben kann für den Kunden ein Mehrwert erzielt werden: „Wir wollen schließlich nicht nur mit Zuverlässigkeit, sondern auch mit guter Qualität bei den Kunden punkten.“
Maren Schlauß, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN
Den vollständigen Bericht lesen Sie in der Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Ausgabe Januar 2017.