Juli 2010: LU Haller ist innovativ im Pflanzenschutz
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Rolf Haller hat Spaß am Tüfteln und daran, seine Maschinen so auszustatten, wie er sie für seine Einsätze benötigt. So war es auch mit der Unterblattspritzeinrichtung, die von Franz Kuhn, dem Schweizer Generalvertreter des Düsenherstellers Lechler, gemeinsam mit Dr. Jacob Rüegg vom Forschungsinstitut Agroscope entwickelt und von Rolf Haller in der Praxis getestet wurde. Das Lohnunternehmen erntet seit 23 Jahren im Auftrag der frigemo AG Mellingen Tiefkühlbohnen und -erbsen. Auch alle anderen Arbeiten rund um das Gemüse wie Aussaat und Pflanzenschutz werden seit langer Zeit und mit dementsprechend großer Erfahrung durchgeführt.
Infektion an der richtigen Stelle erwischen
Die sogenannte Dropleg Technik kann mit unterschiedlichen Düsen bestückt werden und soll die Applikation von Pflanzenschutzmitteln auf der Blattunterseite oder tiefen Stängelsegmenten in dichten Beständen ermöglichen. Über ein Rohr wird von unten je zwischen zwei Reihen mit speziellen Düsen in den Bestand gespritzt. Quer zur Pflanzenreihe ist die Unterblattspritzeinrichtung frei pendelnd, in Fahrtrichtung jedoch stabil. Das soll die Pflanzen schonen und eine optimale Reihenanpassung bewirken. Ein weiterer Vorteil dieser Technik ist die verminderte Abdrift.
Lohnunternehmer Rolf Haller ist überzeugt vom Einsatz der Dropleg-Technik in Buschbohnen. Damit sei eine deutlich bessere Bekämpfung der Primärinfektion von Pilzen zwischen Stängel und Blattstiel möglich. „Die Botrytis (Grauschimmelfäule) sitzt unter den Blättern im unteren Bereich der Pflanze. Mit konventioneller Spritzmethode kann meistens nur eine ungenügende Wirkung erzielt werden, weil man an die Zielfläche meist nicht heran kommt", sagt er und fügt hinzu: „Diese Unterblattspritz-Technik funktioniert bei uns sehr gut und wir haben nun viel geringere Probleme mit den Pilzkrankheiten Botrytis und Sclerotinia".
Der Pflanzenschutz in den Bohnen erfolgt vor oder während der Blüte. Das Lohnunternehmen Haller setzt in den Bohnen primär das Mittel Sumico (1,25 kg/ha) bei einer Wasseraufwandmenge von 250 l/ha ein. Verwendet werden Zungendüsen von Lechler. „Bei den Erbsen ist der Pflanzenschutz im Gegensatz zu den Bohnen weniger aufwendig. In der Regel werden eine Herbizidanwendung und eine Insektizidbehandlung gegen Blattläuse vorgenommen", berichtet Rolf Haller. Pilzkrankheiten seien in den Erbsen kein Thema.Der Dienstleistungsbereich Pflanzenschutz liegt Rolf Haller besonders am Herzen. Daher betreut er ihn persönlich und führt die Arbeiten meistens selbst aus. Rund 450 ha werden insgesamt pro Jahr gespritzt. Eingesetzt wird eine Amazone Feldspritze mit 21 m Arbeitsbreite, 2.200 l Tankinhalt und Parallelfahrsystem. „Die Dienstleistung Pflanzenschutz erfordert mehr als nur Maschinenkenntnis. Die eigentliche Ausführung ist nur die Spitze des eigentlichen Arbeitsablaufes", sagt Rolf Haller.
Ernte und Transport - logistisch anspruchsvoll
Ernte und Transport des Gemüses müssen logistisch genau aufeinander und mit der Fabrik abgestimmt sein, da die Verarbeitung „just in time" erfolgen muss. Die Fabrik benötigt immer genug Material, um ausgelastet zu sein, aber auch nicht zu viel, da das Gemüse „taufrisch" verarbeitet werden muss. Rund 4.800 t Erntegut liefert das Lohnunternehmen Haller jährlich in die Verarbeitung der frigemo AG. „Bei der Ernte ist das Zeitfenster außerdem sehr klein, weil die Temperaturen nicht zu hoch sein dürfen", erklärt Rolf Haller. So wird häufig erst abends ab 19 Uhr mit der Ernte begonnen und bis zum nächsten Tag um 12 Uhr fortgesetzt. Pro Tag werden ungefähr 60-70 Tonnen geerntet. Damit der Ernte- und Transportablauf reibungslos abläuft, fungiert Mitarbeiter Marco Locher als Erntechef. Er ist zuständig für die gesamte Koordnation.
Die Erntezeit der Bohnen und Erbsen nimmt ungefähr 6 bis 8 Wochen im Jahr ein und bedeutet für das Schweizer Lohnunternehmen Arbeit im Zweischichtbetrieb mit zehn Mitarbeitern. Fast täglich ist das Unternehmen in dieser Zeit vom Abend um 18 Uhr bis am anderen Tag um 15 Uhr im Umkreis von bis zu 100 km zwischen Bodensee und Zollikhofen unterwegs. Beim Transport setzt der Betrieb Schlepper mit zwei Hakenliftanhängern und einen Muldenkipperanhängerzug mit bis zu 35 m³ Muldenvolumen ein. Das Hakenliftanhänger-System ist laut Monika Haller preislich sehr interessant: „Wir kaufen alle paar Jahre ein bis zwei neue Mulden dazu, die Kosten im Verhältnis zu einem Anhänger sind viel geringer."
„Die Ernteplanung wird bereits im Winter von einem Anbauplaner der frigemo AG vorgenommen. Er steuert die Aussaat samt der verschiedenen Sorten und Saattermine. Mit der Aussaat der Erbsen starten wir Mitte März und säen dann jede Woche aus, so dass hinterher die Erntetermine auch zu der Verarbeitung in der Fabrik passen. Wenn die Erbsen ausgesät sind, folgt die Aussaat der Bohnen. Die Flächen gehören Landwirten, die einen Vertrag mit der Fabrik haben", erklärt Rolf Haller das logistische Unterfangen.Die Landwirte, die selbst aussäen, bekommen das Saatgut von Hallers ausgeliefert, denn auf ihrem Betriebssitz befindet sich auch das zentrale Samenlager der Gemüsefabrik. „Erbsen bevorzugen ein gut abgesetztes und ebenes Saatbett. Wichtig ist, dass sie 2 bis 3 cm tief abgelegt und bedeckt werden. Für ein sauberes Ernten sorgt das anschließende Walzen. Viele Landwirte, die selbst säen, bekommen den Samen nicht tief genug in den Boden und haben dadurch Keimverluste", gibt Rolf Haller zu bedenken. Er verwendet für die Aussaat eine Kreiseleggenkombination, die er nach eigenen Vorstellungen zusammengestellt hat. Die Bohnen werden mit einer 12reihigen Einzelkornsämaschine mit 50 cm Reihenabstand und 2-3 cm Tiefe ausgesät.
Diesel sparen mit Reifenregeldruckanlage
Für die Ernte greift das Lohnunternehmen auf drei Bohnenpflückmaschinen und zwei Erbsendrescher zurück. Die Maschinen gehören der Fabrik, das Lohnunternehmen ist jedoch zuständig für den Unterhalt und die Reinigung. Repariert werden die laut Rolf Haller sehr anfälligen Maschinen in der gut ausgestatteten Werkstatt des Lohnunternehmens und der Servicestelle Landtechnik in Zollikhofen. Diese Arbeiten werden wiederum mit der Fabrik verrechnet.
Die Erbsendrescher kommen von der holländischen Firma Plöger. Die Bohnenpflückmaschinen sind bereits 23 Jahre alt und von einem englischen Hersteller, den es nicht mehr gibt. „Wir werden wahrscheinlich in ein bis zwei Jahren neue Bohnendrescher anschaffen müssen. Insgesamt gibt es aber nur drei Hersteller, die diese Maschinen anbieten", erzählt Rolf Haller. Ein Erbsendrescher koste rund 750.000 CHF (500.000 EUR), eine Bohnenpflückmaschine rund 500.000 CHF (335.000 EUR). Ein enormer Kostenaufwand für sechs bis acht Erntewochen.
„Seit dem letzten Jahr haben wir auch einen der Erbsendrescher mit einer Reifenregeldruckanlage ausgestattet. Auf der Straße fahren wir mit dieser Maschine mit 2,2 bar und beim Dreschen auf dem Feld mit 1 bar Reifeninnendruck", erzählt Sohn Thomas Haller. „Bezüglich der Reifendruckregelanlage sind wir ein Pionier hier in der Gegend und die einzigen, die das anbieten", führt er fort. Auch drei Schlepper des Lohnunternehmens sind mit dieser Technik ausgerüstet. Vor drei Jahren wurde außerdem für die Gülleausbringung in ein neues Hadorn (Zunhammer) Pumpfass mit 16m³ Volumen und 15 m Schleppschlauchverteiler investiert. Ausgestattet ist das Fass mit 750/60 R 30.5 Reifen, Reifendruckregelanlage und Lenkachse. Auch der Traktor verfügt über eine Reifendruckregelanlage sowie 800er Breitbereifung.
„Bei den Schleppern sparen wir hierdurch sehr viel Diesel. Wir können mit der gleichen Pneus (Reifen) fast 1000 Betriebsstunden mehr arbeiten", sagt Rolf Haller. Auf der Straße fährt das Lohnunternehmen mit 1,8 bis 2 bar, je nachdem was angehängt ist. Auf dem Feld wird der Reifeninnendruck auf bis zu 0,6 bar gesenkt. „Beim Güllefass variieren wir sogar zwischen 3 und 0,6 bar", so Thomas Haller.
Viel Eigenleistung in der Werkstatt
Das Lohnunternehmen führt so gut wie alle Reparaturarbeiten an den Maschinen in der eigenen Werkstatt durch. So wurden die Montage der Reifenregeldruckanlagen und beispielsweise auch der Umbau der Muldenkipper von hydraulischen auf pneumatische Bremsen selbst durchgeführt. Auch die Kreiseleggen-Kombination mit Frontpacker und Heckglattwalze, mit der Erbsen, Getreide, Raps ausgesät werden, kommt zu einem gewissen Anteil aus der eigenen Werkstatt. „Die 3 m Sämaschine stammt von Accord, die Kreiselegge ist von Pöttinger. Packer und Walze haben wir nach eigenen Vorstellungen gestaltet", berichtet Rolf Haller. „Beim Händler werden eigentlich nur Garantiearbeiten und Softwareprobleme erledigt oder wenn wir mal gar keine Zeit haben", fügt Thomas Haller hinzu.
Der fest angestellte Landmaschinenmechaniker Roman Notter ist für den gesamten Maschinenpark zuständig. Nur in Ausnahmefällen sitzt dieser bei Bedarf auch auf den Maschinen „Eigentlich hat er in der Werkstatt genug zu tun", so Rolf Haller. Über jede Maschine wird genau Buch geführt, in dem im Detail festgehalten wird, welche Reparatur wann und bei welcher Stundenleistung durchgeführt wird, so dass dies auch noch Jahre später nachzuvollziehen ist.
In Zukunft soll Sohn Adrian, der 2009 seine Lehre zum Landmaschinenmechaniker abgeschlossen hat, die Leitung der Werkstatt übernehmen. Insgesamt werden im Lohnunternehmen Haller fünf fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt. Hinzu kommen ein bis zwei Teilzeitmitarbeiter und vier bis fünf Aushilfen. Seit dem 1.1.2009 sind der eigene landwirtschaftliche Betrieb und das Lohnunternehmen rechtlich getrennt. Das Lohnunternehmen ist seitdem eine GmbH, in der Rolf und Monika Haller sowie die Söhne Thomas und Adrian beteiligt sind. Im Gespräch mit den Hallers wird einem schnell bewusst, dass alle Familienmitglieder nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis ihren Teil zum Erfolg des Familienunternehmens beitragen.
Kooperation beim Mähdrusch und Häckseln
Das Lohnunternehmen führt neben den bereits vorgestellten Arbeiten fast alle landwirtschaftlichen Dienstleistungen sowie Winterdienst und Heckenpflege für Gemeinden und private Grundeigentümern durch. Im Dienstleistungssegment Mähdrusch kooperiert das Lohnunternehmen Haller seit 19 Jahren mit dem Lohnunternehmer Markus Suter, der 5 km entfernt wohnt. Die Unternehmen besitzen gemeinsam zwei Mähdrescher und bieten die Ernte von Getreide, Sojabohnen, Raps und Körnermais an. Auch Sonnenblumen werden mit einem Spezialvorsatz für minimale Verluste geerntet.
Ca. 170 ha Getreide und Raps, 50 ha Sonnenblumen und 50 ha Mais werden im Jahr gemeinsam gedroschen. Reicht das an Auslastung aus? „Das ist gut für die Schweiz. Hier gibt es Lohnunternehmer, die mit einem Mähdrescher vielleicht 50 ha dreschen", beantwortet Rolf Haller die Frage. Es gäbe eigentlich viel zu viele Mähdrescher in der Schweiz, beklagt er.
Beim Häckseln von Gras und Mais wird mit einem weiteren Lohnunternehmer, Ruedi Gebhard, kooperiert. Auch dieser Partner wohnt nur 3 km von den Hallers entfernt. „Wir häckseln in der Grassilage- und Maisernte mit zwei bis drei Häckslern und unsere Maschinen sind voll ausgelastet in dieser Zeit. Wenn die Ernte beginnt, sind wir bereits ausgebucht", erzählt Thomas Haller. Für die Grünfutterkonservierung werden in der Schweiz immer noch viele Hochsilos und Grasssilageballen verwendet. Nach Rolf Hallers Einschätzung werden nur zu ungefähr 20% Fahrsilos engesetzt. Die Gebläse, mit denen das Lohnunternehmen die Hochsilos beschickt, sind - wie zu erwarten - ein Eigenbau.
Mirja Plischke, Redaktion Lohnunternehmen