Oktober 2019: LU Nesseler

Sonnenreiche Jahre sorgen bei Zuckerrüben-Anbauern wegen der dann zu erwartenden guten Zuckererträge normalerweise für fröhliche Gesichter. Aber 2018 war im langjährigen Vergleich alles andere als normal. Sonne gab es zwar reichlich, aber wegen der teils extrem geringen Niederschlagsmengen fehlt schlichtweg der Masseertrag. Das ist auch in der sogenannten Köln-Aachener Bucht, einem der wichtigsten deutschen Rübenanbaugebiete, nicht anders. Anhand der bis zur ersten Oktoberdekade gerodeten Flächen zeichnete sich ab, dass mit etwa 18 % der Zuckergehalt zwar sehr gut ausfiel, aber der Masseertrag pro Hektar um etwa 150 dt/ha niedriger als im Vorjahr lag, wie Dagmar Hensen berichtet. Sie steht zusammen mit ihrem Schwager Andreas Nesseler und Betriebsleiter Cornel Brecher an der Spitze der Nesseler GmbH in Rommerskirchen. Während sich Andreas Nesseler vorrangig um den Betriebszweig Landwirtschaft und die Agrar-Dienstleistungen kümmert, hat Dagmar Hensen ihren Arbeitsschwerpunkt in der Sparte Transport & Logistik.
Und hier wiederum steht unter anderem das Thema Zuckerrüben im Mittelpunkt, mittlerweile seit einem Vierteljahrhundert, wie sie weiter erklärt. Anfang der Neunzigerjahre bildeten das Reinigen und Verladen quasi den Grundstock des Lohnunternehmens, erst mit einem Unimog plus Reinigungsband und Mobilbagger, ab 1993 dann mit der ersten Lademaus und einem eigenen Lkw, die in jenem Jahr 70.000 t Rüben verlud. „Damals war die Abfuhr der Rüben zur Fabrik durch die Landwirte, vielfach in Koordination der Maschinenringe, noch die Regel. Und wir wurden von Skeptikern gefragt, ob sich denn ein Lkw allein für den Transport von Rüben rechnen könne“, erzählt sie schmunzelnd.

Komplett-Dienstleister bei Zuckerrüben
Diese Skepsis ist natürlich längst verflogen, sind Lkw heute der Standard und die Rübenabfuhr schon lange keine Eigenleistung der Landwirte mehr. Die Zuckerfabriken haben ihre Einzugsgebiete in Abfuhrzonen aufgeteilt, die jeweils an einen Logistik-Dienstleister vergeben werden. Dieser kümmert sich dann um alle anfallenden Aufgaben von der Flächenerfassung über die Planung der Rodetermine bis hin zu den Lagerpunkten für die Rübenmieten, um das Verladen und Reinigen, die Abfuhrrouten und natürlich um das Fahrzeugmanagement.
LU Nesseler ist in zwei dieser Zonen aktiv und arbeitet dabei den Standorten Euskirchen und Jülich des Zuckerunternehmens Pfeifer & Langen zu. „Insofern sind wir heute ein Komplettdienstleister für rund 300 Landwirte und die Zuckerfabriken“, erläutert Cornel Brecher. Die mittlere Transportentfernung vom Rübenschlag zum Fabriktor beziffert er auf rund 45 km. Und Dagmar Hensen ergänzt: „In Summe bewegen wir im Schnitt der Jahre etwa 400.000 t, die von rund 5.300 ha stammen. 2018 werden es jedoch aus den eingangs genannten Gründen vermutlich 60.000 t weniger sein.“ Nebenbei bemerkt: Zum Dienstleistungsangebot bei LU Nesseler gehören auch die Einzelkornsaat sowie das Roden, ersteres in diesem Jahr auf etwa 1.200 ha, letzteres auf ungefähr 2.000 ha Fläche.
Vorsprung halten
Angesichts dieser Aufgabenvielfalt und Mengen braucht es viel Erfahrung rund um Planung und Organisation der Logistik, betonen Dagmar Hensen und Cornel Brecher gleichermaßen. Zumal die durchschnittliche Betriebsgröße der Marktfruchtbetriebe im Rheinland nach wir vor bei etwa 80-90 ha liegt, mit Zuckerrübenflächen zwischen 2 ha und 20 ha – verteilt auf insgesamt 1.200 Parzellen und 1.600 Rübenlagerpunkte am Feldrand. „Vor 20 Jahren ähnelte die Planung dafür manchmal einem Himmelfahrtskommando, mit einer riesigen Tafel im Büro. Dank entsprechend elektronischer Unterstützung gelingt dies heute sehr viel eleganter. Besonders, wenn die bei der Erstplanung im Juni angenommenen Erträge nach den ersten Proberodungen korrigiert werden müssen und damit auch die Abfuhrplanung“, berichtet Cornel Brecher.
Die von LU Nesseler zu liefernden Tagesmengen – im Schnitt normaler Jahre meist rund 5.000 t – werden digital an die beiden Lademäuse übermittelt und laufend aktualisiert, sodass auch die Nachtschicht stets aktuell weiß, was wo noch zu leisten ist. Geladen wird 24 h täglich, zumindest mit einer der beiden Mäuse. „Die andere läuft im Schnitt 18 h pro Tag, ist also nicht voll ausgelastet. Dennoch ist sie unerlässlich, um die nötige Flexibilität sicherzustellen und unnötige Stillstandszeiten der Lkw zu vermeiden“, erklärt Cornel Brecher.
Einige Fahrer der Mäuse schicken dann den ihnen zugeordneten Lkw Kartenausschnitte mit den Markierungen der Ladepunkte, andere dirigieren die Logistikkette lieber per Telefon. „Generell kommunizieren wir im Betrieb nach wie vor sehr viel per Telefon, denn im Gespräch lassen sich Fragen am besten klären und eventuelle Probleme lösen. Das geht mit Navi oder SMS nun mal nicht“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu.
Dennoch ist das Thema GPS aus seiner Sicht sehr wichtig, da dadurch die Möglichkeit besteht, Fahrzeugdaten auszuwerten. Dies helfe dabei, die Arbeits- und Fahreffizienz kontinuierlich zu verbessern, was wiederum die Wirtschaftlichkeit stärkt. Andererseits stellen die vorhandenen Daten auch ein enormes Know-how dar, das nicht einfach ersetzbar sei, wie der Betriebsleiter erläutert. „Schließlich lebt eine Firma Amazon, um nur mal ein Beispiel zu nennen, auch nicht allein von der Bevorratung und dem Versand von Büchern und anderen Produkten, sondern vom Wissensschatz, der sich aus den digitalen Möglichkeiten ergibt“, so sein Vergleich. Und Dagmar Hensen ergänzt: „Generell steht das Logistikgeschäft unter einem ambitionierten Preisdruck, das ist auch beim Thema Rüben nicht anders. Aber das Wissen um Kunden und um die richtigen Stellschrauben der Effizienz ist letztlich ein echter Wettbewerbsvorteil. Diesen Vorsprung, den wir uns im Laufe der Jahre erarbeitet haben, möchten wir schon gerne halten.“

Erfolgsfaktor Mitarbeiter
Für den Transport der Zuckerrüben setzt das Unternehmen insgesamt 28 Lkw mit rückwärts kippbaren Sattelaufliegern ein. Die Zugmaschinen laufen je nach jährlicher Kilometerleistung fünf bis sechs Jahre und damit länger als der Finanzierungs- bzw. Abschreibungszeitraum. Die Auflieger seien in der Regel sogar zwei Zugmaschinen-Generationen lang nutzbar, so sein Hinweis.
Was die technische Ausstattung der Lkw angeht, setzen die Rommerskirchener Logistiker nicht den sprichwörtlich spitzen Bleistift an, wie Dagmar Hensen betont: „Branchenweit sind Transportkapazitäten knapp – aber nicht wegen fehlender Technik, sondern weil gute Fahrer knapp sind. Und zur Motivation gehört daher in besonderem Maß die Fahrzeugausstattung.“
Natürlich sei auch das Gehalt ein sehr wichtiger Faktor. Hier haben die Fahrer bei LU Nesseler die Möglichkeit, das monatliche Grundgehalt unter anderem durch Teilnahme an sogenannten Eco-Trainings, durch verantwortungsvollen Umgang mit den Fahrzeugen und deren guter Pflege interessante, monatlich dreistellige Boni zu erhalten, wie sie weiter erläutert. Eine gewisse Fluktuation ist nach ihrer Aussage nicht grundsätzlich zu vermeiden, doch insgesamt freut sie sich über einen großen Stamm langjähriger für das Unternehmen tätiger Fahrer. Dies zahlt sich wiederum auch in der Qualität der Logistik aus, fährt Cornel Brecher fort, denn die langjährigen Mitarbeiter kennen einen großen Teil der Kundenflächen, was die Kommunikation mit der Disposition deutlich vereinfacht.
Stark mit Kompost
Große Bedeutung hat die Erfahrung der Mitarbeiter auch in einem anderen Güter- bzw. Logistiksegment: dem Kompost. Hiervon transportiert LU Nesseler pro Jahr etwa 48.000 t – und bringt diese Menge auch aus, sei es auf Acker- oder Renaturierungsflächen. Lieferanten dieses organischen Düngers sind überwiegend die Firmen Reterra bzw. Remondis. „Wir bringen ausschließlich zertifizierte Ware von sehr guter Qualität und aus heimischer Produktion aus, die bei unseren Abnehmern sehr begehrt sind“, berichtet Cornel Brecher und fügt noch hinzu: „Im Vorfeld der neuen Düngeverordnung war bei den Landwirten eine gewisse Verunsicherung zu spüren. Doch es hat sich schnell gezeigt, dass sich aus den neuen Regelungen keine Nachteile ergeben, sodass der Dünger weiter gern eingesetzt wird.“
Für den Transport zu den Zielflächen setzt das Lohnunternehmen fünf Lkw mit Schubbodenauflieger ein, sodass selbst auf unebenem Untergrund gefahrlos abgeladen werden kann. Das zur Ausbringung notwendige Verladen auf den selbstfahrenden Streuer übernimmt dann jedoch kein Radlader, wie man erwarten könnte, sondern ein Bagger. „Der Grund dafür sind die mit 3,95 m recht hohen Ladekanten des Streuers. Da kann man mit einem Radlader nicht vernünftig laden. Mit einem großvolumigen Sortierkorb steht der Bagger einem Radlader aber in nichts nach“, sagt der Betriebsleiter. „Voraussetzung sind allerdings routinierte Baggerfahrer, die diese Maschine richtig auslasten können. Und da haben wir glücklicherweise echte Spezialisten“, fügt er hinzu. So sei es kein Problem, den 20 m³ fassenden Streueraufbau mit dem Bagger binnen 3 min zu füllen. „Die Schlagzahl ist enorm“, freut sich Cornel Brecher. Und das gilt angesichts von bis zu 1.800 Betriebsstunden pro Jahr allein durch das Kompostladen auch für die Auslastung des Baggers.
Dass diese Maschine kein Standardmodell von der Stange ist, versteht sich von selbst. Dank einer aufwendigen Zulassungsprozedur und entsprechenden Sonderbescheinigungen für Straßenfahrten gebe es keine Probleme mit Polizei und anderen Behörden. Und auch der Streuer ist nach seiner Aussage aufwendig ausgestattet, unter anderem mit Wiegetechnik, die aufs Kilogramm genau die Mengen erfassen kann, so Cornel Brecher. Und auch eine teilflächenspezifische Ausbringung sei technisch möglich, ebenso wie die Erstellung von Streukarten; das werde von den Landwirten aber meistens nicht nachgefragt und auch nicht bezahlt.

Jährlich 2 Mio. t
Neben Rüben und Kompost bekommen die Lkw bei LU Nesseler über das Jahr gesehen auch durch eine Reihe anderer Schütt- und Transportgüter zusätzliche Auslastung. Dazu gehören zum Beispiel Kies, Schotter, Sand und Mineralbeton für den Straßenbau und sonstige Baustellen. Dank einer 2009 erfolgten Zertifizierung nach GMP B 4.1 kann das Lohnunternehmen auch Transporte von Getreide und Futtermitteln anbieten. Dritte Gütergruppe, für die in der Regel Vakuum-Tankauflieger mit 25 m³ Fassungsvermögen eingesetzt werden, sind Flüssigkeiten, von Düngern wie Gülle, Gärresten, Vinasse und Carbokalk bis hin zu Sicker- und Kompostwasser oder Fäkalien.
Auch hier zählt wieder die Erfahrung der Mitarbeiter im Umgang mit diesen Stoffen, aber ebenso in der lückenlosen Dokumentation der Transporte, was für die Auftraggeber sehr wichtig sei, so Dagmar Hensen. „Rechnet man alle Transportgüter von Rüben bis Flüssigkeiten zusammen, kommen pro Jahr im Schnitt schon 2 Mio. t zusammen. Und zwar erfreulicherweise mit steigender Tendenz, was aus unserer Sicht auf zufriedene Kunden hindeutet“, meint sie abschließend.
Jens Noordhof, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN
Den vollständigen Artikel lesen Sie in der Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Ausgabe November 2018.