Diskussion: Vielseitige Agrarlogistik

Viele LU-Dienstleistungen sind mit Transporten verbunden. Welche Richtung nimmt dieses Thema? Wir haben mit Praktikern und Marktexperten diskutiert.
Spannende Debatte: Das Thema Transportlogistik hat für Lohnunternehmer einen hohen Stellenwert. Ein Technikhersteller wie Krone muss die unterschiedlichen Kundenpräferenzen reagieren können. (Foto: Keppler)

Was früher nur dazugehörte, hat sich inzwischen zu einem Geschäftsfeld entwickelt, mit dem sich Geld verdienen lässt. Die Rede ist von Transporten, die heute zum Alltagsgeschäft der meisten Lohnunternehmen gehören. Darauf hat u. a. auch die Maschinenfabrik Krone mit einer in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebauten Produktpallette im Bereich Transporttechnik reagiert. Das Kundenzentrum der Maschinenfabrik Krone war damit ein passender Ort für eine Diskussionsrunde, zu der die Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Lohnunternehmer und Logistikexperten geladen hatte. Diskutiert wurde u. a. über Transportgüter, die tendenziell wachsenden Transportdistanzen und Logistikkonzepte, die dazu beitragen, auch die Transportsparte effizienter zu gestalten. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es zunächst darum, zu erfahren, welche Transportdienstleistungen in den Lohnunternehmen überhaupt erbracht werden und welche Dimension das Thema für die Betriebe hat.

Welche Mengen werden pro Jahr transportiert?

Andreas Seifert: Wir bewegen mit Hilfe unserer Lkw-Flotte pro Jahr etwa 10.000 t Bauschutt, 2.000 bis 3.000 t Grünabfälle und rund 8.000 m³ Boden. Dazu kommen im Bereich der landwirtschaftlichen Dienstleistungen jährlich 700 ha Häckselmais, Transporte in der Grünfutterernte und der Güllelogistik. Da wir für die Ketten bis zu sechs Lkw benötigen, kooperieren wir mit anderen Lohnunternehmen, die uns bei entsprechenden Aufträgen unterstützen.

Damit lassen sich Transportketten darstellen, die zum jeweiligen Auftrag passen?

Seifert: Die Ketten lassen sich nie flüssig takten. Wir haben Umläufe von bis zu zweieinhalb Stunden. Und je länger ein Umlauf ist, desto schwieriger wird die Taktung. Das ist zum einen der Verkehrslage geschuldet, zum anderen den Wartezeiten an den Biogasanlagen, wenn wir Gärreste absaugen. Um die Schwankungen gerade auf längeren Transportdistanzen von bis zu 30 km abzufedern, setzen wir einen Feldrandcontainer mit 75 m³ ein.

Werden die Transportdistanzen tendenziell größer?

Seifert: Ja, diese Entwicklung beobachten wir seit Jahren. Mit den größer werdenden landwirtschaftlichen Betrieben nehmen auch die Entfernungen zu.

Bedeutet das, Investitionen in neue Transporttechnik oder werden mehr Aufträge an andere Unternehmer weitergereicht?

Seifert: Wir reichen ausschließlich in der Güllelogistik Aufträge weiter. Unsere beiden Sattelzugmaschinen sind ganzjährig ausgelastet. Für zusätzliche Lkw eine durchgehende Auslastung zu bekommen, ist zumindest derzeit schwierig. Deshalb setzen wir im Lkw-Bereich auf Kooperationen. Trecker kommen bei uns im Transport nur für Nahdistanzen zum Einsatz, da sie auf längeren Distanzen zeitmäßig Wettbewerbsnachteile haben.

Herr Neemann, mit Ihrer Lkw-Flotte sind Sie bundesweit unterwegs. Was wird dabei überwiegend transportiert?

Wilke Neemann: Wir transportieren viele Abfallstoffe und Klärschlamm, führen aber auch Spezialtransporte durch. So fahren wir z. B. für ein Biodieselwerk bis nach Frankreich. Zum Tagesgeschäft gehört außerdem vor allem der Gülletransport. Hier sind wir überwiegend in der Region Cloppenburg, im Emsland sowie in Ostfriesland unterwegs. Um die Aufträge bewältigen zu können, sind 13 Gülleauflieger im Einsatz, die jeden Tag laufen. Bei uns sind also längere Distanzen, aber auch Leerfahrten ein Thema. Da wir viel Gülle überregional transportieren, gestaltet es sich schwierig, für beide Wege flüssige Frachten zu finden. Wir haben bereits einen Kombiliner getestet, der sowohl flüssige Frachten als auch Feststoffe transportieren sollte, aber die Technik war den Herausforderungen – zumindest nach unserer Einschätzung – nicht gewachsen. Auch aus der Zusammenarbeit mit Frachtbörsen haben wir uns wieder verabschiedet. Das Preisniveau war hier einfach zu niedrig.

Wie generieren Sie dann Aufträge? Und wie werden die Transporte abgerechnet?

Neemann: Wir fahren viel auf Zuruf langjähriger Kunden. In der Regel wird von uns nach Stunden abgerechnet. Gerade in der Güllelogistik wird zwar immer wieder über Kubikmeterpreise diskutiert, aber wir bevorzugen einen Stundenpreis. Für externe, nichtlandwirtschaftliche Kunden wird nach Tonnen abgerechnet.

Zu Zeiten hoher Stickstoffpreise ist Gülle über teilweise sehr lange Distanzen transportiert worden. Wie sieht es aktuell aus?

Neemann: Das Geschäft mit der Güllevermittlung ist ziemlich eingebrochen. Das führt dazu, dass viele Kunden, die Gülle aufnehmen, um wenige Euro feilschen. Das ist natürlich verständlich, wenn Betriebe bis zu 10.000 m³ abnehmen. Für mich ist das jedoch ein Reizthema geworden. Die Güllevermittlung ist derzeit aus unserer Sicht ein sehr schwieriges Geschäft.

Das Lohnunternehmen Peterberns setzt auch in der Güllelogistik weiterhin auf Traktoren. Warum?

Julian Peterberns: Wir sind in der Güllelogistik mit vier gezogenen Verteilfässern und sieben Zubringern in einem Umkreis von bis zu 35 km unterwegs, bis ca. 20 km tun sich meines Erachtens Lkw und Trecker nichts. Über 20 km merkt man schon, dass der Lkw schneller ist. Bei größeren Distanzen kommen meist unsere Lkw zum Einsatz. Dabei werden wir auch von Berufskollegen unterstützt. Für uns ist wichtig, dass die Transportlogistik rund läuft. Wir nutzen sehr leistungsfähige Ausbringtechnik, daher müssen die Zubringerketten 100 m³/h schaffen.

Wonach richtet sich, ob Lkw oder Traktoren eingesetzt werden – Kosten oder Verfügbarkeit?

Peterberns: Es sind viele Faktoren, die in eine Entscheidung einfließen. Da sind natürlich die Verfügbarkeit einer Maschine oder die Entfernung. Aber es müssen natürlich auch Mitarbeiter zur Verfügung stehen, die den entsprechenden Führerschein haben. Für uns ist der Lkw eine Saisonmaschine und kein Fahrzeug, das mit einem festen Fahrer ganzjährig unterwegs ist.

Wie viele Betriebsstunden laufen die Lkw bei Ihnen im Lohnunternehmen?

Peterberns: Unsere beiden Sattelzugmaschinen kommen jeweils auf etwa 600 Betriebsstunden. Die Schlepper machen deutlich mehr Stunden. Wenn man beide Konzepte kostenmäßig miteinander vergleicht, spielt natürlich auch die Maut mit rein. Unsere Schlepper sind mit maximal 40 km/h und damit mautfrei unterwegs. Für die Lkw fallen dagegen Mautkosten an, die gerade wieder erhöht wurden. Aus diesem Grund sind wir auch aus der Rübenlogistik ausgestiegen, weil ein Weiterreichen der gestiegenen Mautkosten an den Kunden trotz intensiver Preisverhandlungen nicht berücksichtigt wurde. Das ist dann eine Situation, in der wir einen Auftrag lieber ablehnen.

Wie viele Mitarbeiter mit Lkw-Führerschein haben Sie?

Peterberns: Bei uns hat etwa die Hälfte der festangestellten Mitarbeiter einen Lkw-Führerschein.

Wie sieht das im Lohnunternehmen Büscher-Seifert aus?

Seifert: Wir sind bei den Lkw-Schulungen immer mit 15 Mitarbeitern, da gehören aber auch Aushilfen dazu. Gerade in der Entsorgungslogistik geht ohne den Lkw-Führerschein nichts. 

Eine Frage an die Experten mit dem überbetrieblichen Blick. Wie ist Ihre Wahrnehmung, was die Transportlogistik und die Frage „Trecker oder Lkw“ angeht?

Steffen Gerling: Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten, wie ja auch die Einschätzungen hier in der Diskussionsrunde zeigen. Transportlogistik ist sehr betriebsindividuell. Es gibt Unternehmen mit einem zweiten Standbein, das den Einsatz von Lkw erfordert. Es gibt aber auch Betriebe, deren Strukturen nur Traktoren als Zugfahrzeug sinnvoll machen. Das spiegelt sich auch in Varianten- und Ausstattungsvielfalt unserer Transportwagen wider. Ebenso taucht bei uns immer wieder die Frage nach spezialisierter oder universell einsetzbarer Transporttechnik auf. In Grünlandregionen sind spezialisierte Transportfahrzeuge wie der Krone TX gefragt. Für die lassen sich in solchen Regionen eine ganzjährige Auslastung vom ersten bis zum vierten oder fünften Schnitt hinbekommen. In Mischregion kann das wieder komplett anders aussehen. Was wir zunehmend merken, ist der deutlichere Blick in den Lohnunternehmen auf die Kosten. Das zeigt letztlich auch der Ansatz vieler Lohnunternehmer, stärker auf den Lkw zu setzen und ihn über die Güllelogistik hinaus für weitere Transporte zu nutzen.

Es ist also mit Blick auf die Transporttechnik durchaus mehr Vielseitigkeit gefragt?

Gerling: Genau! Das macht es auch komplexer, Empfehlungen für die Kunden auszusprechen. Einem Grünlandbetrieb in der Erntetechnik etwas zu raten, ist dabei deutlich einfacher. Wenn wir einen Kunden in Sachen Transporttechnik beraten und ihm letztlich ein Produkt empfehlen sollen, müssen wir die Einsatzprofile in dem jeweiligen Unternehmen sehr genau kennen, um sagen zu können, was das richtige Produkt für den jeweiligen Betrieb ist. Dies kann sich selbst zwischen einzelnen Transportaufträgen unterscheiden. Stehen Fahrer mit Lkw-Führerschein zur Verfügung? Welche Güter werden transportiert? Und was sind die regionalen Anforderungen? Die Kosten sind dabei nur ein Aspekt unter vielen.

Das ist in der Beratung ja schon fast nicht mehr leistbar, ohne eine betriebswirtschaftliche Kalkulation mitzubringen?

Gerling: Das ist richtig, wenngleich sich harte und weiche Faktoren aktuell noch die Waage halten und die Kosten nicht das allein entscheidende Argument sind. Zu den harten Faktoren gehören neben den Kosten auch die zu transportierenden Tonnagen. Zu den weichen Faktoren gehören das Vorhandensein von Fahrern, die Planbarkeit von Aufträgen und das Thema Flexibilität. Das sind Faktoren, die oftmals wichtiger sind als reine Kostenaspekte.

Olaf Janssen: Wie komplex und betriebsindividuell das Thema Transportlogistik ist, zeigt sich auch darin, dass die Landwirtschaftskammer Niedersachsen eigens ein Beratungsteam aufgestellt hat, das sich mit der Beratung logistischer Themen beschäftigt und das sich im Zuge einer Beratung zunächst intensiv in die jeweiligen Betriebsstrukturen einarbeitet. Nur so kann letztlich das richtige Produkt für eine Transportaufgabe gefunden und in einer Vollkostenrechnung geprüft werden. Wie wichtig das ist, zeigen Beispiele, wo sich Betriebe verkalkuliert und für 40.000 € eine gebrauchte Sattelzugmaschine gekauft haben, die nicht ausgelastet werden konnte.
(...)

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