DüVO 2020: Bitte mit Verstand fördern

Ob nun großer Befreiungsschlag oder Schuss in den Ofen – die jetzt von der Bundesregierung in Brüssel abgegebenen Vorschläge zur Verschärfung des Düngerechts bergen viel Konfliktpotenzial.
Chefredakteur Jens Noordhof

Man soll nicht gackern, bevor das Ei gelegt ist – diese Redewendung gilt auch für den jetzt gemeinsam von Bundeslandwirtschafts- und -umweltministerium erarbeiteten und bei der EU-Kommission eingereichten Entwurf zur Verschärfung der Düngeverordnung. Insofern wäre es müßig, wenn die Betroffenen, also die Landwirte und Lohnunternehmer, jetzt in Aktionismus verfallen würden. Erst, wenn Brüssel sein „go“ signalisiert hat und somit die Rahmenbedingungen auf dem Tisch liegen, kann überlegt werden, wie eine für alle erträgliche Umsetzung machbar wäre.

Und dennoch reizt natürlich der jetzt vorliegende Entwurf zu einigen Anmerkungen. Damit meine ich nicht die einzelnen Punkte, die sich mit Nährstoff-Obergrenzen, Abständen zu Gewässern oder der Definition dessen beschäftigen, was unter „rote Gebiete“ fällt. Diese Aspekte sind eh mehr oder weniger willkürlich gesetzt und zumindest nach meinem Gefühl wenig sachlich-fachlich untermauert. Sonst hätte man sich erst einmal Zeit nehmen müssen, die Wirkung der bisherigen Novelle abzuwarten. Was ich jedoch anstrengend finde, sind die Passagen, in denen sich die Ministerinnen dazu äußern, wie sie die Landwirtschaft bei der Umsetzung unterstützen wollen.

Beispiel 1: Die Investitionsförderung der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz soll genutzt werden, um „insbesondere Investitionen in Lagerstätten, Maschinen und Geräte, die zur Emissionsminderung bei Wirtschaftsdünger führen, auszubauen.“ Klingt gut. Aber haben die Ministerinnen schon mal nachgefragt, was passiert, wenn ein Landwirt (geschweige denn ein Lohnunternehmer, der sich als Logistik-Vollsortimenter für organischen Dünger betätigen möchte) den Bauantrag für einen Gülle-Vorratsbehälter stellt? Viel Erfolg dabei! Was nützen Förderprogramme von Bund und Land, wenn sie an der Genehmigungs-Realität der Kreise scheitern?

Beispiel 2, ebenfalls zum Stichwort Investitionsförderung: Den Kauf umweltgerechter Ausbringtechnik zu unterstützen, finde ich sinnvoll. Aber bitte nicht in einer Form eines üppigen Anreiz-Programmes für Landwirte wird, die meinen, sich reihenweise eigene Güllefässer anschaffen zu müssen, obwohl sie sie gar nicht auslasten. Wirklich effizient wäre eine Förderung, wenn sie die umweltgerechte Ausbringung an sich fördert – was wiederum am besten durch Lohnunternehmer gewährleistet wäre. Und ganz nebenbei ließen sich auch Dokumentation und Nährstoff-Controlling elegant zusammenfassen. Mit relativ wenig Bürokratie. Aber DAS war ja entgegen anders lautender Parolen noch nie das Ziel von Agrarpolitik.

Beispiel 3: Mit dem Bundesprogramm Nährstoffe will die Politik u.a. Ermittlung der Nährstoffgehalte von flüssigen Wirtschaftsdüngern während der Entnahme aus dem Lagerbehälter und während der Ausbringung durch Nahinfrarotspektroskopie (NIRS), die Ansäuerung von Gülle mit Schwefelsäure und Vorhaben zur Aufbereitung von Gülle und Gärresten aus Biogasanlagen in einem modellhaften Ansatz erforschen. Warum? Einerseits werden die Vorgaben hopplahopp übers Knie gebrochen, und andererseits lassen wir uns Zeit für Forschung, die schon längst passiert ist? Hier wären ebenfalls endlich mal Beschlüsse hilfreich. Alle drei Techniken existieren und funktionieren bereits, vielleicht noch nicht perfekt, aber allemal besser als die bisherige Praxis der kalkulatorischen Pauschalwerte.

Deshalb sollten die Ministerinnen etwas intensiver darüber nachdenken, wovon die Landwirte das alles bezahlen sollen. Von 1,40 €/kg lebendem Schwein jedenfalls nicht. Und von den Tierwohl-Almosen auch nicht. Und es wäre auch prima, wenn bei importiertem Fleisch aus Nicht-EU-Herkunftsländern die gleichen Produktionsmaßstäbe und Qualitätstandards angelegt würden wie bei hiesigen Bauern. Sonst geht es beim Fleisch wie bei Eiern: ein paar Alibi-Ställe fürs Verbraucherauge, und in der Verarbeitung nach wie vor die Masseneier aus Legebatterien, die jetzt nur ganz weit weg stehen.

Jens Noordhof, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

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