Energieversorgung: Gebt endlich Gas!

Biogas aus heimischer Produktion ist eine große Chance, die bisherige Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern – wenn die Politik schnell reagiert. Ein Kommentar von Chefredakteur Jens Noordhof.

Vor wenigen Tagen wurde mit wahrlich großem Bahnhof das neue Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide eingeweiht, bei dem sogar Bundeskanzler und Bundeswirtschaftsminister dem Firmenboss Elon Musk zujubeln durften. Ein Bauprojekt der Superlative, so die einhellige Meinung. Zeitenwende, Energiewende, zukunftsweisend, Jobmaschine – die Superlative der Begeisterung nahmen gar kein Ende.
Besonders beachtenswert auch: die Kürze der Bauzeit und die Missachtung sämtlicher Bauvorschriften und Genehmigungsverfahren. Denn die Fabrik war schon fertig, bevor sämtliche behördlichen Paragrafenreiter überhaupt ihre Bleistifte und Stempel angeleckt hatten. Das fand dem Vernehmen nach auch Bundeswirtschaftsminister Habeck klasse. „Diese kurze Zeit des Fabrikbaus kann natürlich ein bisschen auch eine Maßgabe sein für Tesla-Tempo auch in anderen Bereichen", wird der Minister zitiert. Musks Vorgehen sei „eine andere Unternehmens-Wagemut-Kultur“.

Schluss mit Behörden-Bremse

So weit, so gut. Bleibt nur zu hoffen, dass diese neuen Maßstäbe zumindest ansatzweise auch in anderen Bereichen zugelassen werden – wie zum Beispiel beim Bau von Biogasanlagen und deren Umrüstung als Gaslieferanten der Zukunft. Hier ruht nämlich ein gigantisches Potenzial, das kaum jemandem bewusst ist und bei dem noch nicht einmal das Rad neu erfunden werden müsste. Nach Experteneinschätzung könnte kurzfristig noch 2022 die Biogasproduktion um 20 % gesteigert und davon ein deutlicher Teil ins Gasnetz eingespeist werden. Damit ließen sich kurzfristig etwa 5 % des aus Russland bezogenen Erdgases ersetzen, heißt es.

Werdet endlich wach und nehmt die machbaren Realitäten vor der eigenen Haustür wahr.

Dies gelingt allerdings nur, wenn die bisherigen gesetzlichen Deckelungen und Einschränkungen kurzfristig beseitigt würden. Das so etwas auf dem schwerfälligen deutschen Gesetzesverfahrens-Weg möglich ist, hat der Beschluss zum Wegfall der EEG-Umlage gezeigt – die Politik muss nur wollen. Und das auch in allen Verwaltungsebenen durchdrücken, bei denen man leider oft genug den Eindruck gewinnt, dass aus Angst vor mosernden Bürgern alles, was mit landwirtschaftlichen Investitionen zu tun hat, unterbunden wird. Auch Lohnunternehmer können ein Lied davon singen.

(Fotos: Lützen, Archiv)

Werdet wach!

Wollen muss die Politik allerdings generell das Thema Biogas, mit dem sich mittelfristig die Gasversorgung zu einem sehr großen Anteil sichern ließe, wie mir Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas, kürzlich in einem ebenso spannenden wie aufschlussreichen Interview erläuterte (das übrigens in der Maiausgabe unserer Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN zu lesen sein wird). Ebenfalls spannend dabei: Der immense Zuwachs wäre möglich, ohne die Landschaft „zu vermaisen“, wie Kritiker in Verbänden und Politik gern behaupten. Und ohne die leidige Teller-Tank-Diskussion wieder aufflammen zu lassen. Die technischen Lösungen für den Biogas-Booster sind schon da, man muss sie nur zulassen. Aber bitte schnell und ohne parteidogmatische Scheuklappen.
Damit ließe sich übrigens ganz nebenbei nicht nur die Energieproblematik elegant im eigenen Land lösen und viele Arbeitsplätze schaffen, etwa in Lohnunternehmen, sondern die Landwirtschaft würde einen maßgeblichen Anteil zur Reduzierung der Treibhausgase beitragen. Doch das die ach so schreckliche moderne Landwirtschaft nicht das Problem, sondern Teil der Lösung ist, dürfte der lösungsorientierten Umweltfraktion vermutlich noch schwerer über die Lippen kommen, vermute ich. Umso mehr an dieser Stelle der Aufruf: Werdet endlich wach und nehmt die machbaren Realitäten vor der eigenen Haustür wahr. Gebt endlich (Bio-)Gas! Das macht eventuell auch den sicher als schmerzhaft empfundenen Gang des Ministers nach Katar – Verzeihung: Canossa – etwas erträglicher.

Jens Noordhof,
Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

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