Lichtmesstag 2023
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Ein altes Sprichwort sagt, zu Lichtmess bei Tag ess! Auch in der Energiekrise können wir zu Lichtmess wieder mehr Tageslicht nutzen.
Am 02.02.2023 lud das Fachzentrum für Energie und Landtechnik (FEL) zum Triesdorfer Lichtmesstag mit Referenten zum Thema Krisenzeiten bei Energie und Lebensmitteln – Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit. Hausherr Bezirkstagspräsident Armin Kroder rief die gut 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, die Diskussion um Landwirtschaft und Energie als Chance zu nutzen. Diese Megathemen stehen für ihn weltweit im Mittelpunkt und es gelte die Themen Ernährung und Energie möglichst verträglich für Mensch und Umwelt aufzustellen.
Die Referenten am Vormittag stellten die aktuelle Situation auf dem Energiemarkt aus verschiedenen Blickwinkeln dar – sie vertraten Verbraucher, Erzeuger, Energieversorger und Planer. Nachmittags wurden Lebensmittelproduktion, Klimaschutz, Biodiversität und Energieproduktion auf der Fläche beleuchtet. Es wurden Zielkonflikte, Anpassungsoptionen und Konsequenzen sowie Einkommensrisiken für angepasste Fruchtfolgen vorgestellt und diskutiert.
Energie im Spannungsfeld von Idealvorstellungen und Realität
Energieerzeugung und -versorgung sind schon viele Jahre Thema in Politik und Koalitionsverträgen. Den Handlungsbedarf sehen alle – schon seit vielen Jahren. Wir alle kennen das 1,5°-Ziel, haben zumindest in den Nachrichten die Erklärungen und Vereinbarungen von Klimakonferenzen gehört. Doch mit der Krise 2022 ist das Thema brandheiß und gleichzeitig eiskalt in der Bevölkerung angekommen. Plötzlich sind da nicht mehr nur Worte. Steigende Energie- und Strompreise und Abschläge sind 2022 in den Briefkästen aller Haushalte gelandet. So kommt die explosive Gemengelage zusammen: Energie ist deutlich teurer und wird nie mehr „günstig zu haben sein“. Gleichzeitig ist der Umbau der Energieversorgung zu bewältigen. Norbert Bleisteiner, Leiter des FEL, spricht von ambitionierten Zielen, die in Deutschland angestrebt werden. In sieben Jahren sollen die jährlichen Treibhausgas-Emissionen auf ca. 440 Mio. t CO2-Äquivalente und bis 2045 auf Null reduziert werden. Umgerechnet müssten dafür allein in Bayern pro Woche 26 Fußballfelder PV-Anlagen, zwei Mega-Windräder neu gebaut und 1250 Wohnungen energetisch saniert werden. Ungeklärt, wie das angesichts von Fachkräftemangel, Genehmigungsverfahren und unzureichender Verfügbarkeit von Material und Rohstoffen zu bewerkstelligen ist. Die Reaktionen der Politik bezeichnet Bleisteiner als „Schmerztherapie“, die nicht an die Wurzeln der Probleme gehe. Man habe auf einen milden Winter gehofft und den Rettungsschirm für Haushalte aufgespannt. Der Staat vermittle die Botschaft „Wir helfen“. Viele politische Reaktionen legen bestehende Zielkonflikte offen. Bausteine, von denen wir uns politisch und gesellschaftlich distanziert haben, bleiben nun doch im Rennen. Atomkraftwerke gehen in Streckbetrieb, Kohlekraftwerke werden weiter betrieben, LNG wird importiert und Terminals in Rekordzeit gebaut. Eigentlich wolle man auch keine energetische Nutzung von Holz, keine biogenen Treibstoffe, keine Biogasanlagen, kein Fracking, keine CO2-Abspaltung & Einlagerung und kein Tempolimit. So bleibt vieles offen und langfristige Antworten sind Mangelware. Global betrachtet wird der Wettbewerb um Ernährung und Energie noch potenziert – Bevölkerungswachstum und eine Verknappung der Fläche sind offenkundig. Auch hier treffen Erwartungen und Realität bitter aufeinander: Biodiversität, ökologische Landnutzung und Ächtung des chemischen Pflanzenschutzes, mehr Tierwohl bzw. weniger Fleischkonsum sind angesichts der Herausforderungen hehre Ziele. Für eine Neuausrichtung und eine Implementierung von erneuerbaren Energien fordert Bleisteiner einen massiven Netzausbau unter Beachtung der der Physik. Sonne und Wind stehen nur zu bestimmten Zeiten zur Verfügung und auch Wind bleibt wechselhaft. Um Nachfrage-Spitzen abzudecken können, müssen Stromanbieter diese mit Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken abpuffern und da wird es „schmutzig und teuer“! Bleisteiners Appell hat verschiedene Zielrichtungen: 1. Alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert den Konsum deutlich zu reduzieren, vor allem bei der Mobilität und privaten Konsum; 2. Eine ganzheitliche Planung ist erforderlich, um die Erneuerbaren Energien voran zu bringen.
Hier gelte es prioritär den Netzausbau voran zu bringen. Unabhängig davon sind regionale Lösungen mit Energienutzung vor Ort sinnvoll. 3. Durch Beteiligung an der Wertschöpfung ist die Akzeptanz der, von Belastungen betroffenen, Bürgerinnen und Bürger zu sichern. 4. Die Grundlagen der Betriebswirtschaft sind zu akzeptieren. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. So wird immer eine bestimmte Angebotsmenge gebraucht, um Preisschwankungen und Unsicherheiten abzuwenden. 5. Ganzheitliche und realistische Zielsetzung – nicht alles, was man sich wünscht, ist umsetzbar und es gilt Verantwortung zu tragen. Eine Lastenverlagerung ins Ausland oder Verwerfungen für andere Bereiche greifen zu kurz und zu egoistisch. 6. Umsetzung eines multifaktoriellen Ansatzes bei der Flächennutzung dadurch, dass Klimalandwirtschaft betrieben und neben Lebensmittel- und Energieerzeugung Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität umgesetzt werden.
Energieversorgung und Netzausbau
Rainer Kleedörfer, Leiter Zentralbereich Unternehmensentwicklung/Beteiligungen der N-ERGIE Aktiengesellschaft zog eine ernüchternde Bilanz zum bisherigen Verlauf der Energiewende: Nach 20 Jahren sei es gelungen, 20 % des Energieverbrauchs über Erneuerbare Energien abzudecken. Wenn wir so weitermachen, würden wir rein rechnerisch noch weitere 80 Jahre brauchen, um klimaneutral zu werden. Positiv bewertet er, dass es in Deutschland gelungen ist, das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch zu entkoppeln. Doch hohe Importe von Mineralöl, Erdgas und Steinkohle, Rohstoffknappheit und weltweiter Wettbewerb verdeutlichen die deutsche Import-Abhängigkeit. Auch beim teuren und klimaschädlichen Schwenk zu LNG bleibe die Abhängigkeit bestehen. Mit Investitionen im Bereich Flüssiggas binde man sich langfristig weiter an fossile Brennstoffe und gleichzeitig an die USA. Als „Irrglaube“ bezeichnet Kleedörfer den Standpunkt, dass in Deutschland Politik gemacht werden kann und die Welt diesem Beispiel folgen werde. Er fordert mehr Ehrlichkeit. Die Lieferanten-Länder sind oft keine lupenreinen Demokratien und es gelten dort andere Umwelt- und Arbeitsstandards als bei uns. Und Märkte funktionieren nach einfachen Regeln: hohe Nachfrage stößt auf hohe Preise – auch im Bereich Energie und Rohstoffe. Deshalb ist seine Forderung, den Fokus auf die Bezahlbarkeit zu richten. Der Preisanstieg von Strom und Energie habe sich schon Mitte 2021 abgezeichnet. Die sprunghafte Nachfrage in 2022 habe den Preisanstieg dann deutlich verschärft. Die Zahlen der N‑ERGIE zeigen, dass die privaten Haushalte 2022 gegenüber 2021 beim Gasverbrauch nichts eingespart haben. Den tatsächlichen Rückgang des Gasverbrauchs kann sich die Industrie auf die Fahne schreiben, die durch Effizienzsteigerungen, Ausweichung auf Erdöl, Werksschließungen, Produktionsverlagerung ins Ausland oder Insolvenz die Gasversorgung im Winter 2022/23 gerettet habe. Für die Zukunft gelte es den Blick auf Speicheroptionen zu richten, um Schwankung der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs abzufedern und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Eine verbreitete Illusion sei der Glaube, mit erneuerbaren Energien allein wäre das zu erreichen. Diese Gegebenheiten gelte es den Politikern klar zu machen. Neben dem Rohstoffmangel ist der Fachkräftemangel eine entscheidende Stellschraube. Der Wille zum Umbau allein sei nicht ausreichend. Es brauche die Kraft von mehreren 100.000 Fachkräften, um die erforderlichen baulichen Maßnahmen und Installationen zu schaffen. Als Energieversorger konzentriert sich die N-ERGIE derzeit auf den Stromnetzausbau. Der Ausbaubedarf orientiere sich dabei am Zuwachs von Erneuerbaren Energien und werde eng mit den Kommunen abgestimmt. Noch wichtiger sei es, mehr zu koordinieren als den Netzausbau zu beschleunigen. Zudem müsse man konventionelle Kraftwerke zubauen. Denn vor 2030 stehe Wasserstoff als Energiespeicher nicht in nennenswertem Umfang zur Verfügung.
Westmittelfranken im „an‑Land‑Wind“
Von den Herausforderungen bei der Realisierung vor Ort berichtete Dr. Alban Barrón vom regionalen Planungsverband Westmittelfranken. Er ist mit den erreichten Ergebnissen zufrieden, schließlich sei es in den vergangenen Jahren trotz 10‑h‑Regelung gelungen, Windkraft weiter auszubauen. Mit dem „Wind‑an‑Land‑Gesetz“ werden zwei Ziele verfolgt. Zum einen soll bis 2030 80% des verbrauchten Stroms aus Erneuerbaren Energien kommen und zum anderen soll bis 2045 Strom klimaneutral erzeugt werden. Dazu wurden verbindliche Flächenziele für Windenergie festgeschrieben, in Bayern 1,8% der Fläche. Als Drohkulisse dient dabei der mögliche Wegfall der Privilegierung. In Westmittelfranken sind derzeit ca. 0,5% der Fläche als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete und als Flächen in Flächennutzungsplänen festgeschrieben, bis Ende 2027 sollen 1,1% und bis Ende 2032 mind. 1,8% der Regionsfläche stehen. Entscheidend ist, solange der Planträger das Flächenziel erreicht, ist er frei und braucht keine Planungskriterien definieren. Als neue Regelung im Bundesnaturschutzgesetz wurde verankert, dass Windkraftanlagen auch in Landschaftsschutzgebieten gebaut werden können, zumindest so lange, bis die gesteckten Ziele erreicht sind. Der Regionale Planungsverband hat die politische Phase schon abgeschlossen, arbeitet derzeit in der konzeptionellen Phase und ist in Abstimmung mit den Kommunen. Im März soll die Öffentlichkeit beteiligt werden und ab Oktober 2023 stehen die ersten Beteiligungsverfahren an.
Strom aus Biogasanlagen stabilisiert die Strompreise
Dr. Stefan Rauh (Geschäftsführer Fachverband Biogas e.V.) mahnt eine höhere Wertschätzung und Einbeziehung von Strom und Wärme aus Biogasanlagen an. Fakt sei, Biogasanlagen sichern die Stromversorgung von 10 Mio. Haushalten in Deutschland und versorgen darüber hinaus 1 Mio. Haushalte mit Wärme. Das Angebot der Branche, kurzfristig mehr zu liefern, sei auf dem Tisch. Hohe Strompreise sind für ihn Ausdruck von Knappheiten auf dem Markt. Biogas kann dazu beitragen, Knappheiten zu mildern. Dass Biogasanlagen dann abgeschöpft werden sollten, wenn sie genau das getan haben und bei hohen Preisen eingespeist haben, ist für ihn nicht nachvollziehbar. Das Vertrauen in die Politik ist erschüttert, auch wenn inzwischen die Politik die positiven Aspekte verstanden habe und Biogasanlagen bis zu einer Bemessungsleistung von 1 Megawatt (ohne zusätzliche BHKW) ausgenommen hat. Klar sei, dass der Strom aus PV‑Anlagen in der Erzeugung günstiger sei, doch die Stärke der Biogasanlagen ist eine sichere Grundlast abdecken, aber auch flexibel reagieren zu können. Für die Zusammensetzung eines günstigen Strompreises sei diese Option elementar, für Energieversorger und Verbraucher. Gleichzeitig muss diese sichere Verfügbarkeit von Energie ausreichend gegenfinanziert sein.
Rückfragen und Standpunkte in der Diskussion
In der Podiumsdiskussion bestätigte Kleedörfer, der anstehende Netzausbau müsse in „historischem Ausmaß“ erfolgen und erfordere sehr hohe Investitionen, die über den Strompreis von den Verbrauchern zu tragen sei. Ganz klar sei der Zusammenhang, jeder sorge mit steigender Stromnachfrage für einen zusätzlichen Bedarf an Netzausbau. Verzicht wäre gefragt!
Hans Henninger, Bürgermeister in Flachslanden, sieht in der Energiewende Herausforderung und Chance für Kommunen. Seiner Gemeinde sei es vor 10 Jahren gelungen, einen Bürgerwindpark zu bauen. Heute tragen die Anstrengungen Früchte. Eine Versorgung mit Erneuerbaren Energien, bei der die Wertschöpfung in der Region verbleibt: Pachteinnahmen für Grundstückseigentümer und Dividenden für beteiligte Bürger. Insgesamt konnten so über die Jahre 5,4 Mio. Euro eingenommen und wieder ausgeschüttet werden. Henninger will mit seinem Beispiel Mut machen und appelliert an die Verantwortlichen in den Gemeinden, sich für Bürgeranlagen zu engagieren. Sonst werden Externe investieren und das Geld aus der Region ziehen. Auch Manuel Westphal, Landrat im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, sieht die Energiewende als Gemeinschaftsaufgabe für Bürger, Stadtwerke bzw. Kommunen und Landkreis.
Menschen brauchen Fläche für die Ernährung und zum Leben
Wie kann es uns gelingen, bei begrenzten Ressourcen immer weiteres Wachstum zu generieren? Auch die nachkommenden Generationen wollen leben; satt und in gesicherter, wohnlicher Umgebung. Die Zeichen der globalen Bevölkerungsentwicklung stehen weiter auf Wachstum. Es wird damit gerechnet, dass in 30 Jahren ein Viertel mehr Menschen auf der Erde leben. In seinem Vortrag erläuterte Prof. Dr. Peter Breunig (HSWT) Grunddaten, Entwicklungen und verschiedene Optionen damit umzugehen. Der globale Druck auf Land würde bis 2050 enorm zunehmen. Der Bedarf an Agrarprodukten würde um 45 %, bei Holz um 70 % steigen. Und schon jetzt ist politisch gesetzt, dass bis 2030 30% der Fläche unter Naturschutz gestellt werden soll. Fest steht für Prof. Dr. Breunig: „Wir in Deutschland essen auf Kosten anderer!“ Auf 16,7 Mio. ha erzeugen wir Lebensmittel. Tatsächlich wird mehr konsumiert als wir erzeugen können. So importieren wir gleichzeitig Nahrungsmittel, die woanders produziert werden. Das heißt, insgesamt beanspruchen wir 2,3 Mio. Hektar mehr Fläche als wir in Deutschland zur Verfügung haben. Alle Akteure sind gefordert, Ansprüche und Ressourcen in eine Balance zu bringen. Die Wirtschaftsweise habe entscheidenden Einfluss auf Produktionsmenge und Umwelt. Die ökologische Bewirtschaftung erbringe positive Effekte für die Biodiversität auf der genutzten Fläche und den Humusgehalt, doch pro Hektar Fläche einen deutlich geringeren Output an Nahrungsmitteln. Konventionelle Landnutzung verursacht zwar mehr Treibhausgasemissionen pro Fläche und kann weniger Humus aufbauen, kann aber auf einem Hektar fast doppelt so viele Agrarprodukte erzeugen als ökologische Landnutzung. Die „eingesparte Fläche“ könnte bei konventioneller Bewirtschaftung für die Speicherung von Treibhausgasen, der Erzeugung erneuerbarer Energien oder zum Artenschutz verwendet werden. So könne konventionelle Bewirtschaftung durch höhere Erträge und Flächeneinsparung zu Klimavorteilen führen. Prof. Breunig ist jedoch überzeugt, dass dennoch Ökolandbau benötigt wird. Im Vergleich zu anderen Landnutzungsoptionen ist Ökolandbau bereits Realität. Ökolebensmittel haben sich einen Markt erobert und erfahren eine hohe Akzeptanz. Darüber hinaus hat ökologische Landwirtschaft weniger Technologien zur Verfügung, sei daher eine Keimzelle für Innovationen und die Weiterentwicklung von Anbausystemen. Doch es gelte auch anzuerkennen, dass wir global betrachtet, Ertragssteigerungen, d.h. eine Erhöhung des Flächenoutputs brauchen. Insbesondere im Hinblick auf die wachsende Weltbevölkerung und damit wachsenden Ansprüchen. Geringer Output pro Fläche bedeute langfristig, dass mehr Fläche gerodet und in Bewirtschaftung genommen werden muss. Mit der Konsequenz, dass die Umnutzung von Fläche wesentlicher Treiber in Bezug auf Klimakrise und Artensterben ist.
Im Praxischeck übernahm Norbert Bleisteiner (FEL) den Gegenpart. Für ihn stellt sich die Frage, wie man im Ökolandbau, angesichts rückgehender Tierbestände in der Lage sein wird, Nährstoffkreisläufe zu schließen. Auch die Marktentwicklung bei Öko‑Produkten sieht er kritisch, vor allem den Umsatzeinbruch bei Bioprodukten nach Corona. Interessanterweise habe der Umsatz bei Low‑cost‑Bio‑Anbietern zugenommen. Die Studie zu ökologischer und konventioneller Wirtschaftsweise mit den unterschiedlichen Flächenansprüche und Output‑Effekten zeige, dass man übergreifende Lösungen finden kann. Er sieht Chancen darin, die konventionelle Wirtschaftsweise zu ökologisieren und diese Produkte bezahlbar zu machen. Das hätte Umwelt- und Akzeptanzeffekte, sowohl bei Erzeugern als auch bei Verbrauchern. Es gelte Anbausystem dynamisch weiter zu entwickeln und zu verfeinern.
Auch das Thema Energie spielt sich auf der „gleichen Fläche“ ab – vor allem die Herausforderungen der Erneuerbaren Energien. Fläche und Rohstoffe sind die entscheidenden Faktoren. Bleisteiner fordert eine ganzheitliche Betrachtung! Externe Kosten wie z.B. Treibhausgasemissionen, Biodiversitätsverluste, Pestizidnutzung gelte es abzuleiten und zuzurechnen. Ehrlichkeit ist hier der Schlüssel.
Da Tiere Grünland und Nebenprodukte verwerten können und der Flächenbedarf insgesamt sinkt, bietet die Tierhaltung Klimavorteile. Doch wie in vielen Bereichen ist die Menge entscheidend. Hier ist jeder Einzelne „handlungsbevollmächtigt“! Veränderte Ernährungsgewohnheiten sind für Prof. Dr. Breunig der größte Hebel um den Druck auf die Fläche zu reduzieren. Die Entscheidung für mehr pflanzliche und weniger tierische Proteine auf dem Teller hätte positive Effekte und Flächenvorteile. Ideal wäre für uns Deutsche ein Viertel unseres aktuellen Konsums tierischer Produkte. Prof. Dr. Breunigs Fazit lautet: „Ein deutliches Ja zur Tierhaltung und eine Achtung der regionalen Vorzüglichkeit.“ Nicht jeder Landstrich ist geeignet für alle Produkte. Bananen können wir in Deutschland nicht produzieren, doch Tierhaltung bei uns erfordere weniger Ressourcen (z.B. Fläche und Wasser) und führt global betrachtet zu Flächeneinsparung.
Mit Bodenbearbeitung und effizientem Wassermanagement dem Klimawandel begegnen
Eine Bewertung und Anpassung von Fruchtfolgen übernahm Prof. Dr. Bernhard Bauer. Klimatische Veränderungen führen seiner Meinung nach zu mehr Unterschieden bei Ertragspotentialen. Er forderte Veränderungen bei der Fruchtfolgeplanung und Stellung verschiedener Kulturpflanzen. Entscheidend wird sein, wie Kulturpflanzen in den ertragsbildenden Phasen mit ausreichend Wasser und Nährstoffen versorgt werden können. In den Fokus stellte er dabei Anpassungen in der Bodenbearbeitung, vor allem zur Wassereinsparung und Beachtung von Mineralisierungseffekten. Extensive oder intensive Bodenbearbeitung entscheide über den Bodenzustand und die Wasserspeicherfähigkeit, aber auch über die Wasserversorgung der Kulturpflanzen. Landwirte sind gefordert, Fruchtfolgen mit Beachtung der Bodenbearbeitung und der Grunddüngung aufzustellen. Fruchtfolgen werden sich verändern und mehr verschiedene Kulturpflanzen einbeziehen. Fruchtfolgen werden „grüner“ werden und mehr Zwischenfrüchte berücksichtigen. Vor Allem im Hinblick auf Wassereffektivität und Bodenstruktur. Wechselwirkungen von Klimawandel und Pflanzenbau werden es erfordern, dass die Produktionstechnik über die Fruchtfolge hinweg geplant werden muss.
Die Frage „Erfordern neue Klimabedingungen neue Fruchtfolgen?“, warf Dr. Michael Tröster (FEL) auf. Stabiles Wetter und Preise waren vorgestern – zukünftig werden wir konfrontiert mit zunehmenden Unsicherheiten wirtschaften. Ausgehend von drei Fruchtfolgeoptionen und unter Einbeziehung historischer Ertragsdaten aus Bayern hat Dr. Tröster verschiedene Ertrags- und Preisentwicklungen in einer Monte-Carlo-Simulation untersucht. Der Blick in die Zukunft ist mit vielen Fragezeichen behaftet. Ertragstrends sind Schätzungen und niemand kann externe Faktoren (Preis- und Nachfrageveränderungen, Agrarpolitik) vorhersagen. Rechne man eine Standard‑Fruchtfolge (Winterraps, Winterweizen, Körnermais, Winterweizen) ohne KULAP und Eco-Schemes, hätte sie durchaus Vorteile. Doch mit der aktuellen Förderung werden sich neue Fruchtfolgen schneller durchsetzen, so Dr. Tröster, z.B. mit Einbeziehung blühender Kulturen oder Leguminosen. Kurzfristig gibt es Möglichkeiten, sich mit Vorverträgen oder einer Mehrgefahrenversicherung gegen Klimaeffekte und Ernteausfälle abzusichern. Eine Mehrgefahrenversicherung kann im Ernstfall Gold wert sein, kostet aber Geld. Hier ist die persönliche Risikopräferenz entscheidend. Langfristig den Klimaveränderungen zu begegnen, wird eine Anpassung von Pflanzenbausystemen erfordern. Für Dr. Tröster sind Forschung und Züchtung weitere Schlüsselfaktoren.
Annette Schmid, Fachzentrum für Energie und Landtechnik