LU Wetzel: Mit Champost gewachsen
Wir treffen uns vor der Pilzzuchtanlage Rhein-Neckar Pilze GmbH in Bürstadt, ganz im Süden Hessens. Karlheinz Wetzel und sein Mitarbeiter Simon Bauer sind mit zwei Bandwagen bereits vor Ort und laden Champost. In der Anlage werden pro Woche rund 100 t weiße und braune Champignons erzeugt. Sie wachsen auf einem Substratgemisch aus Pferde- und Hühnermist, das mit Kalk und Gips gemischt ist. Dieses Substrat wird mit Pilzkulturen geimpft. Nach 14 Tagen intensiver Ernte der Pilze ist es ausgelaugt und muss ausgetauscht werden. Zum Abtöten der Pilzkulturen wird das Substratgemisch über mehrere Stunden mit 70 °C heißem Wasserdampf sterilisiert. Als sogenannter Champost kann er nun auf Acker- oder Gemüseflächen ausgebracht werden. Und hier kommt Karlheinz Wetzel ins Spiel, der gemeinsam mit seinem Onkel Wolfgang Guckert ein Lohnunternehmen betreibt. Die Dienstleister nehmen der Pilzzuchtanlage den Champost ab, vermarkten ihn und bringen den Dünger, der ähnlich wie Kompost zu bewerten ist, auf den Flächen der Landwirte aus, die ihn ordern.
Die Pilzzuchtanlage ist erst Ende 2014 in Betrieb gegangen. Seit Februar 2015 ist LU Wetzel als Abnehmer des Substrats dabei. „Die Firma Rhein-Neckar-Pilze ist an einer kontinuierlichen Abnahme des Champost interessiert. Erst haben sich mehrere Landwirte die Abfuhr geteilt, das hat nicht zufriedenstellend geklappt. Als die Firmenleitung einen neuen Abnehmer gesucht hat, habe ich mich angeboten“, erinnert sich Wetzel. Der Lohnunternehmer hat den Zuschlag bekommen und kümmert sich seitdem nicht nur um die Abfuhr, sondern auch um den Vertrieb des kompostähnlichen Substrats. Seine Kunden sind Ackerbauern und Gemüseerzeuger aus der Region rund um Mannheim. Die Champost-Ausbringung ist innerhalb kurzer Zeit zu einem festen Standbein für das erst 2013 gegründete Lohnunternehmen der Wetzel & Guckert GbR geworden.
Jung-Unternehmer
Schon als kleiner Junge war Karlheinz Wetzel lieber auf dem Hof seines Onkels und dort vor allem auf dem Schlepper zu finden als zu Hause. Früh stand für ihn fest, dass er nach der Schule eine landwirtschaftliche Ausbildung machen würde, auch ohne elterlichen Betrieb. Seit 2003 arbeitet er auf dem landwirtschaftlichen Betrieb seines Onkels mit, der 150 ha Ackerbau mit Schwerpunkt Körnermaiserzeugung sowie Kartoffel- und Spargelanbau, außerdem mit einer kleinen Schweinemast und Mutterkuhhaltung bewirtschaftet. Ute und Wolfgang Guckert führen auf dem Hof im Mannheimer Stadtteil Sandtorf einen Hofladen, in dem viele hofeigene Produkte vermarktet werden. Der Betrieb liegt im Dreiländereck Baden-Württemberg – Hessen – Rheinland-Pfalz. Keine 100 m hinter dem Hof verlässt man Baden-Württemberg und gelangt nach Hessen. Jenseits des Rheins beginnt Rheinland-Pfalz.
2013 schließlich gründet der junge Landwirtschaftsmeister gemeinsam mit Wolfgang Guckert das Lohnunternehmen Wetzel und Guckert GbR. Standort ist der landwirtschaftliche Betrieb Guckert. Das Lohnunternehmen bietet zum einen die klassischen Arbeiten für landwirtschaftliche Betriebe wie Bodenbearbeitung, die Aussaat von Getreide und Mais sowie die Abfuhr des Getreides an. Karlheinz Wetzel hat innerhalb der GbR seinen eigenen Arbeitsschwerpunkt: Er übernimmt das Pressen von Quaderballen, die Champost- und Mistausbringung sowie die Abfuhr von Sand und Erdreich auf Baustellen. „Das Lohnunternehmen ist ein eigenständiger Betriebszweig. Damit ist für Karlheinz die Grundlage für einen eigenen Betrieb gelegt“, formuliert Guckert das Ziel für seinen Neffen. Wenn es die Zeit erlaubt, hilft der Jung-Lohnunternehmer weiterhin im landwirtschaftlichen Betrieb.
Gut ausgelastet
„Das Lohnunternehmen hat sich erfreulich entwickelt“, freut sich Karlheinz Wetzel. Die Auftragslage ist so gut, dass drei Angestellte gut ausgelastet sind. Für eine gute Auslastung der vier John-Deere-Schlepper mit 200 bis 350 PS sorgen zum einen die Transportaufträge auf Baustellen. Mit zwei Muldenkippern wird dort Erdreich abtransportiert. Wetzel übernimmt in der Regel die Organisation der Baustellen, seine beiden Mitarbeiter führen die Aufträge aus. „Die Auftragslage ist gut, aber der Markt um die Erdabfuhr von Baustellen ist sehr umkämpft. Hier geht viel über den Preis“, berichtet er. An Ausschreibungen nimmt er nicht teil, die Bauunternehmen, die den Zuschlag für die Baustelle bekommen haben, fragen bei ihm an.
Im Sommer übernimmt er zudem das Pressen von Stroh. Die Quaderballenpresse kann Ballen in den Größen 1,00 x 1,20 m oder 1,20 m x 1,30 m pressen „Wir bieten diese Dienstleistung im Umkreis von 50 km an“, erklärt Wetzel. Einer seiner Großkunden ist ein Gemüseerzeuger.
An drei Tagen in der Woche ist der Lohnunternehmer auf der Pilzzuchtanlage und fährt dort den Champost ab. Wie heute, als wir uns treffen. Nichts erinnert von außen daran, dass in dem Gebäude Pilze gezüchtet werden. Es sieht aus wie eine große Lagerhalle. Die Pilze gedeihen in 22 temperaturgesteuerten Kulturräumen, jeweils 820 m² groß. In jedem Kulturraum stehen vier sechsstöckige Kulturtische, die ein wenig an ein Hochregallager erinnern. Fünf Kulturräume werden pro Woche entleert. Die Tore eines solchen Raumes stehen bereits weit offen. Karlheinz Wetzel wartet darauf, dass ein Mitarbeiter der Pilzzucht das Förderband bringt, mit dem der Champost von den Kulturtischen auf die Wagen des Lohnunternehmers befördert werden. Das Förderband wird aufgestellt, das Überladen beginnt. 40 m³ Champost passen auf den Rollbandwagen von Wetzel, der Inhalt eines sechsstöckigen Kulturtisches. Nach einer halben Stunde ist der Wagen voll. Wenn zu zweit abgefahren wird, kalkuliert der Lohnunternehmer mit einem Zeitaufwand von 2,5 h pro Raum.
Pro Woche 900 m³
„Wir laden den Champost am Feldrand bei dem Landwirt ab, der ihn bestellt hat. Ein Großteil der Betriebe, die diesen organischen Dünger ordern, liegen im Umkreis von 15 km um die Pilzzuchtanlage herum“, erklärt Wetzel. „Das passt von der Transportentfernung her, um zügig wieder an der Anlage zu sein.“ Denn bei den Abfuhrterminen muss sich der Lohnunternehmer nach den Produktionszyklen der Pilzzucht richten. Insgesamt nimmt er pro Woche rund 900 m³ Champost ab. Zwei Rollbandwagen hat Wetzel für den Transport angeschafft, einen Krampe Bandit 980 und einen Joskin Drakkar 9600/41T180. Der Lohnunternehmer liefert den Champost aber auch an Gemüsebaubetriebe in 50 km Entfernung südöstlich von Mannheim. „Wir müssen in diesem Fall immer quer durch Mannheim fahren“, erklärt er. Das kostet Zeit und Nerven.
Noch darf der Champost bis zu einem halben Jahr am Feldrand gelagert werden. Er fällt ebenso wie Kompost unter die Düngeverordnung. Deshalb gilt nach Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung für Wetzel die Pflicht, den Champost auf einer befestigten Platte zu lagern. Außerdem ist eine feste Lagerstätte wichtig, um den Champost bevorraten zu können. Denn obwohl die Gemüsesaison lang ist, gibt es saisonale Schwerpunkte bei der Ausbringung. „Wir sehen uns schon intensiv nach einer geeigneten Fläche um. Es ist allerdings nicht einfach“, so der junge Unternehmer. Die Bodenpreise in den Industriegebieten rund um Bürstadt oder im Norden Mannheims sind hoch. Ideal wäre es für ihn, wenn er die Siloflächen der benachbarten stillgelegten Biogasanlage nutzen könnte. „Die sind aber zu dicht an der Pilzzuchtanlage dran. Wir müssen den Champost mindestens 2 km entfernt lagern, so die Vorgabe vom Pilzzüchter.“
Zu seinen Kunden zählen zum größten Teil Gemüsebaubetriebe, aber auch Ackerbauern mit Sonderkulturen, Obsterzeuger oder Gewächshausbetreiber. Der Champost ist reich an Humus und an Nährstoffen. Alle zwei Monate wird das Substratgemisch auf Nährstoffe, Schwermetalle und den Salzgehalt amtlich untersucht. Bisher kam es noch nie zu bösen Überraschungen. „Bei der Untersuchung der Schwermetalle liegen wir immer weit unterhalb der Grenzwerte.“ Die Abnehmer legen großen Wert darauf, dass das Produkt hygienisch einwandfrei ist. „Das wird durch die Bedampfung mit Wasserdampf sichergestellt“, sagt Wetzel. 100 m³ Frischmasse dürfen pro Hektar alle drei Jahre ausgebracht werden.
Bis zu 1.500 h pro Gespann und Jahr
Zum Ausbringen auf dem Acker setzt er einen Kompaktstreuer von Tebbe ein. Der Tebbe MS 140 fasst 12 m³ und kann den Champost bis zu 21 m breit verteilen. Beladen wird der Streuer in der Regel mit dem Radlader oder mit einem Schlepper mit Frontlader. „Die Champostausbringung sorgt neben den Erdabfuhren für eine kontinuierliche Auftragslage“, sagt Wetzel zufrieden. „Wir bewegen uns in einer Nische, die aber durchaus noch Potenzial hat.“ Zumal die Rhein-Neckar-Pilze GmbH bereits signalisiert hat, bei guter Nachfrage nach den Pilzen die Produktion zu erhöhen.
Die technische Ausstattung seines Lohnunternehmens hält Karlheinz Wetzel knapp. „Wir kaufen, leasen oder mieten auch schon mal einen Vorführschlepper oder einen guten Gebrauchten beim Händler“, erklärt er. „Aber unsere Muldenkipper und die Rollenbandwagen sind Neumaschinen. Gebraucht bekommt man sie kaum oder nur in einem schlechten Zustand.“ Über eine mangelnde Auslastung der Maschinen kann sich der Landwirtschaftsmeister, der gerade seinen Güterkraftverkehrsschein gemacht hat, nicht. „Die Anhänger laufen das ganze Jahr, sie machen 1.200 bis 1.500 Stunden im Jahr.“ Einer seiner Mitarbeiter ist gelernter Baumaschinenmechaniker, kleine Reparaturen erledigt er selbst. Für größere Reparaturen fährt Wetzel in die Fachwerkstatt in Worms.
Mit der Entwicklung des gerade einmal drei Jahre alten Lohnunternehmens sind Karlheinz Wetzel und Wolfgang Guckert sehr zufrieden. Sicher hat auch die Übernahme des Vertriebs und der Abholung des Champosts aus der Pilzzuchtanlage zum Erfolg beigetragen, denn es sorgt für eine gute und kontinuierliche Auslastung. Allerdings hat der junge Lohnunternehmer damit auch komplettes Neuland betreten. Denn er muss bei den Landwirten Werbung für das in der Region neue Produkt Champost machen und an mancher Stelle auch Überzeugungsarbeit leisten. Mit dem Champost tritt er in direkte Konkurrenz zu Kompost, der gern im Gemüsebau eingesetzt wird. „Aber die Nachfrage entwickelt sich“, ist Wetzel überzeugt.
Imke Brammert-Schröder
Den vollständigen Bericht lesen Sie in der Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Ausgabe Mai 2017.