Schweiz: Frischgemüseernte bei LU Haller

Die Frischgemüseernte stellt an die Planung und Technik der Abfuhrlogistik hohe Ansprüche, denn das Erntegut muss innerhalb kurzer Zeit in der Verarbeitung eintreffen, damit die Qualität nicht leidet.

Vor genau 30 Jahren ist das Lohnunternehmen Haller in die Gemüseernte quasi hineingeschliddert, schildert Thomas Haller, der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Adrian und seinen Eltern Monika und Rolf führt: „Damals ist die frigemo ag, eines der größten Gemüseverarbeitungsunternehmen der Schweiz, auf uns zugekommen. Bis dahin hat die Fabrik mit eigenen Mitarbeitern die Ernte durchgeführt. Es wurde aber immer schwieriger, ausreichend Personal für die Erntearbeiten abzustellen.“ Und so waren es Rolf Haller und sein Vater Willy, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren und das Erntegeschäft der Gemüsefabrik übernehmen konnten. Zuerst war es nur die Bohnenernte. Kurze Zeit später wurde vereinbart, dass sämtliche Erntemaschinen für die Bohnen- und Erbsenernte, die der Fabrik gehören, bei LU Haller stehen und von ihm eingesetzt werden sollen. „Ab diesem Zeitpunkt waren wir dann auch für den Service der Maschinen während der Erntekampagne zuständig. Die große Durchsicht in den Wintermonaten hingegen übernimmt eine externe Werkstatt, die auf Gemüseerntetechnik geschult ist. Für unsere Werkstatt wäre das zu viel Arbeit. Zurzeit stehen drei Erbsen- und zwei Bohnenerntemaschinen auf unserem Betrieb. Die frigemo ag bestimmt überdies, wann die Maschinen umgehandelt werden. Wir besprechen gemeinsam mit der Fabrik, welche Ausstattungsoptionen benötigt werden. Das klappt sehr gut“, erklärt Thomas Haller. Die Maschinen seien durch die regelmäßige Wartung und die umfangreichen Reparaturen in einem Top-Zustand, ergänzt er: „Für uns ist dies die beste Lösung. Die Betriebskosten der Gemüseerntemaschinen sind extrem hoch. Damit haben wir jedoch nichts zu tun.“

Drei Ernter für 400 ha

Mit den drei Erbsendreschern könnten pro Jahr ca. 400 ha geerntet werden. Das Erntefenster ist bei den Frischerbsen zwischen Mitte Juni bis Ende Juli vorgegeben. Nur in dieser Zeit können in der Gemüsefabrik Erbsen zur Verarbeitung angenommen werden. „Dieser Zeitraum wurde natürlich auch von der Fabrik so gewählt, weil er am besten in die Anbauzeit bzw. Erntezeit der Erbsen passt“, erklärt der Lohnunternehmer. In dieser Phase laufen die Erntemaschinen rund um die Uhr. Die Fabrik bestimmt dabei immer das Tempo, denn es können pro Tag maximal 100 t Frischerbsen verarbeitet werden. Pro ha werden 5 bis 8 t geerntet.

Zwei Drittel der Motorenstunden eines Erbsendreschers fallen bei der Straßenfahrt an, beschreibt der Lohnunternehmer. Die Maschinen werden ausschließlich „auf Achse“ zwischen den Flächen umgesetzt. Mit einer Geschwindigkeit von 28 km/h geht es auf der Straße eher gemächlich voran. „Das ist eines unserer Hauptprobleme“, sagt der Lohnunternehmer und weiter: „Das Umsetzen zwischen den Flächen kostet uns viel Zeit. Manchmal sind wir bis zu fünf Stunden nur auf der Straße unterwegs bis zum nächsten Einsatzort. In dieser Zeit muss trotzdem sichergestellt sein, dass die Erbsenanlieferung kontinuierlich weiterläuft.“ Dadurch, dass drei Erntemaschinen gleichzeitig eingesetzt werden, können diese Umsetzzeiten einigermassen kompensiert werden. Eine Maschine erntet immer. Ziel sei es allerdings, die Maschinen möglichst räumlich nah beieinander laufen zu lassen, erklärt Thomas Haller: „Ab Flächengrößen von 2 ha lassen wir die Ernter auf der selben Parzelle arbeiten. So können wir den Abtransport der Erbsen deutlich einfacher organisieren, da wir nur einen Anlaufpunkt an einer Erntefläche haben.“

Die Ernteplanung beginnt quasi schon bei der Aussaat der Erbsen. Das Saatgut für die 400 ha Anbaufläche, die von den Vertragslandwirten angebaut werden, wird von der Fabrik eingekauft. Das sind ca. 150 t, die in mehreren Partien auf dem Betrieb Haller angeliefert, gelagert und von dort ausgeliefert werden. Die Landwirte schließen einen Anbauvertrag mit der frigemo ag ab. Diese stellt einen Anbauplan auf und legt genau fest, wann welche Sorte auf welcher Fläche gesät werden muss. Das Ziel dabei ist, so beschreibt es Thomas Haller, dass möglichst regionsweise ausgesät wird: „Wir säen anteilig auch die Erbsen aus. Allerdings nur in einem Umkreis von ca. 20 km um unseren Betrieb. Wir verteilen aber das Saatgut zu den vorgegebenen Terminen an sämtliche Vertragslandwirte der frigemo ag.“ Dies geschieht mit zwei Lieferwagen und Anhängern.

Der Landwirt muss sich ab diesem Zeitpunkt, von der Aussaat bis zur Ernte, um den Bestand kümmern. Ausgesät werden die Erbsen in Breitsaat. Wichtig dabei ist, dass die Flächen im Anschluss für die reibungslose Ernte der Erbsen eingeebnet werden. „Außerdem sollten die Flächen steinfrei sein, bzw. die Steine durch die Packerwalze in den Boden gedrückt werden. Bei der Ernte wird 2 – 3 cm über dem Boden gearbeitet. Oben aufliegende Steine würden die Maschine beschädigen“, fügt Thomas Haller hinzu.

Jeder Produzent erhält mit dem Anbauvertrag eine Aussaatkarte, mit der er bestätigt, wann, wo und welche Sorte ausgesät wurde. Diese wird an die frigemo ag geschickt. „Anhand des Aussaatzeitpunktes kann die frigemo ag anschließend den Erntetermin bis auf zwei bis drei Tage genau ermitteln“, erklärt er. Begleitet wird der Anbau der Erbsen von zwei Anbauleitern, die die Landwirte auch in ackerbaulichen Fragen unterstützen und Empfehlungen für den Pflanzenschutz geben. Nach der Ernte wird dann die abgelieferte Erbsenmenge abgerechnet, so Thomas Haller: „Hier spielt die Qualität der Erbsen eine entscheidende Rolle. Dafür wird der Härtegrad in Tendrometer gemessen. Je später die Erbsen geerntet werden, desto härter sind sie. Hier kann es zwischen der Fabrik und dem Produzenten durchaus zu Diskussionen kommen, denn den Erntezeitpunkt bestimmt die Fabrik.“

Ab 20 km Anhängerzüge

Bei Vertragsparzellen, die weiter entfernt sind, kommen Anhängerzüge, bestehend aus einem Hakenlift- und einem Drehschemelanhänger zum Zug. „Diese Gespanne werden nicht auseinandergekoppelt, sondern warten am Feldrand, bis beide Anhänger voll sind“, so Thomas Haller über die Abfahrlogistik. Je nachdem, wie weit die Entfernungen sind, werden bis zu vier verschiedene Anhängerzüge, die jeweils 20 t laden können, benötigt. Das Überladen von der Erntemaschine geschieht mit einem Austragsförderband. Der Bunker fasst ca. 2 t Erbsen. Übergeladen wird ausschließlich am Feldrand.

Der Faktor Zeit spielt beim Transport eine große Rolle, denn innerhalb von 6 h, ab dem Zeitpunkt der Ernte, müssen die Frischerbsen verarbeitet sein, beschreibt LU Thomas Haller die Herausforderung in der Erbsenlogistik: „100 % der Erbsen, die wir zur frigemo ag transportieren, werden schockgefrostet.“

Als optimale Zugmaschinen der Anhänger haben sich 200 bis 270 PS Schlepper herauskristallisiert. Diese sind auf 40 km/h zugelassen. „Schneller mit einem Standardtraktor zu fahren, ist in der Schweiz leider nicht erlaubt“, bedauert der Lohnunternehmer. Zwei der Traktoren, die ausschließlich für den Transport auf der Straße eingesetzt werden, hat LU Haller mit Blockprofilreifen ausgerüstet und er ist vollkommen überzeugt davon: „Diese Traktoren kommen in der Gemüsesaison, sprich Erbsen- und Bohnensaison, jeweils auf 1.000 h in vier Monaten. Wir konnten mit den Blockprofilreifen 2 l Diesel pro Stunde gegenüber den AS-Reifen einsparen. Der Fahrkomfort ist deutlich höher und der Verschleiß niedriger. Erstaunt war ich bei der Beschaffung der Reifen, denn sie kosten im Vergleich zu den AS-Reifen, die wir einsetzen, die Hälfte. Man muss aber dazu sagen, dass sich die Blockprofilreifen ausschließlich für den Straßeneinsatz eignen. Wir haben deshalb für die beiden Traktoren zwei Radsätze angeschafft.“ Die Erbsen werden zu 95 % mit dem Schlepper gefahren, für ca. 5 % wird zusätzlich ein Lkw eingesetzt, der die Spitzen bricht.

Der Transport wird nach Brutto-Tonnen abgerechnet. „Wir haben das gemeinsam mit der Fabrik festgelegt. Die frigemo ag kann so die Kosten besser erfassen. Sollten wir im Nachhinein feststellen, dass wir aus unvorhersehbaren Gründen deutlich höhere Kosten haben als erwartet, so verhandeln wir mit der Fabrik nach. Gemeinsam finden wir immer eine Lösung“, erklärt Thomas Haller.

Wachstum im Erbsengeschäft

Insgesamt bewertet er das Geschäft mit den Erbsen sehr positiv und das Wachstum dieses Betriebszweiges scheint weiterzugehen: „So wie es derzeit aussieht, wird die Anbaufläche auch im nächsten Jahr erweitert. Mit drei Erntemaschinen sind wir jedoch in diesem Jahr schon an die Kapazitätsgrenze gestoßen. Wenn eine vierte Maschine hinzukommt, müssen wir uns überlegen, wie wir den Transport im nächsten Jahr noch effizienter organisieren können. Vor allem die weit entfernten Parzellen stellen für uns eine große Herausforderung dar. Zurzeit kalkulieren wir den Transport mit dem Lkw durch.“ Einfach vom Schlepper zum Lkw zu wechseln, ist in der Schweiz allerdings nicht möglich. Denn der Lkw-Einsatz bedeutet für den Lohnunternehmer, dass mehr Personal benötigt würde, da Lenk- und Ruhezeiten gesetzlich eingeschränkt würden. „Es gibt in der Schweiz keine Ausnahmen für landwirtschaftliche Einsätze beim Lkw. Es haben außerdem nicht alle Mitarbeiter einen Lkw-Führerschein, denn dieser wird hier für den Traktor nicht benötigt, selbst wenn gewerblich gearbeitet wird“, fügt der Lohnunternehmer abschließend hinzu. In der Schweiz wird für den Lkw-Einsatz darüber hinaus zusätzlich eine Schwerverkehrsabgabe fällig, die nach gefahrenen Kilometern abgerechnet wird. Auf das Schleppergespann wird diese im gewerblichen Transport zwar auch eingefordert, sie wird allerdings nur pauschal auf das zulässige Gesamtgewicht des Gespanns einmal pro Jahr gezahlt. Der Transport mit dem Schlepper ist für Lohnunternehmer deshalb in der Schweiz weiterhin sehr interessant.

Björn Anders Lützen, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

 

Den vollständigen Bericht lesen Sie in der Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Ausgabe September 2016.


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