Veredelung in Deutschland halten

Wo geht die Reise mit der Tierhaltung in Deutschland hin? Einschätzungen von Sven Häuser, Bereichsleiter Tierhaltung und Innenwirtschaft der DLG.
Fotos: Lützen, Häuser

Wie stellt sich die Struktur der Veredelungsbetriebe in den Bereichen Schwein und Rind in Deutschland aus Ihrer Sicht derzeit dar?

Die Nutztierhaltung in Deutschland – und in Teilen auch Europas – steht vor einem Wandel. In den letzten 20 Jahren stand für die Betriebe die Kostenführerschaft im Fokus, entsprechend effizient wurden auch die Ställe gebaut. Auf dem Weltmarkt haben wir heute allerdings keine Chance mehr, die Kostenführerschaft zu behaupten. Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Tierwohl sind aber Megatrends, die mehr und mehr von gesellschaftlichem Interesse sind und die Branche vor große Herausforderungen stellen. Hinzu kommen pandemiegetriebene Ereignisse, die aufgrund zunehmender Globalisierung und internationaler Märkte auch die tierhaltenden Betriebe betreffen. Als Beispiel sei hier – neben den Corona-bedingten Auswirkungen – die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest genannt. Alle diese Ereignisse und Trends führen dazu, dass Preise und damit das betriebliche Einkommen unter Druck geraten und somit letztlich Geld für Investitionen in die Zukunft fehlt. Aktuell spüren dies v.a. die rinder- und schweinehaltenden Betriebe, die ihre Tierhaltung entwickeln wollen, es aber aus unterschiedlichen Gründen aktuell nicht können.

Welche Veränderungen erwarten Sie in den kommenden fünf Jahren?

Mit den Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, der sogenannten Borchert-Kommission, liegt ein Konzept für einen umfassenden Umbau der deutschen Nutztierhaltung vor. Das Konzept hat breite Zustimmung im Bundestag, bei den Ländern und vielen Fachleuten des Agrarbereichs gefunden. Mit den Empfehlungen hat die Borchert-Kommission eine Grundlage für die zukünftigen Planungen und Arbeiten geschaffen. Klärungsbedarf gibt es noch hinsichtlich Prüfung der unterschiedlichen Optionen der Finanzierung und der rechtskonformen Entwicklung und Umsetzung der verschiedenen Förderinstrumente.

Bis 2030, so der Vorschlag, soll die Stufe 0 der Tierhaltung verboten werden – das ist die Stufe, in der die aktuell geltenden Mindeststandards eingehalten werden. 2040 soll dann auch die Stufe 1 mit z.B. erhöhtem Platzangebot für die Tiere nicht mehr erlaubt sein. Bis dahin geht es also darum, die Haltungsstufe 2 oder 3 nach dem Tierwohlkennzeichen des Landwirtschafsministeriums in der Breite umzusetzen. Hierfür sind erhebliche Umbauten in den Ställen und viele Neubauten notwendig. Zusätzlich zur Finanzierung über höhere Preise müssen Anreize geschaffen werden, um den Veränderungsprozess in Gang zu bringen. Investitionskosten und höhere Produktionskosten sollen dabei in der Übergangsphase durch Verträge mit dem Bund langfristig gesichert werden.

Wie sich die Zahl der tierhaltenden Betriebe tatsächlich in den kommenden Jahren entwickelt, hängt sehr stark damit zusammen, ob und wie der Umbau der Tierhaltung finanziert wird und die Unterstützung der Landwirte/innen erfolgt. Bis 2030 wird der Strukturwandel wahrscheinlich noch weitergehen und sich erst danach abflachen. Ziel ist jedenfalls, die Produktion in Deutschland zu halten und ein Abwandern ins Ausland zu verhindern.

Ziel ist, die Produktion in Deutschland zu halten und ein Abwandern ins Ausland zu verhindern.

Sven Häuser, DLG-Bereichsleiter Tierhaltung

Es gab auch in der Vergangenheit schon Kommissionen, die Ideen für eine Weiterentwicklung zu Papier gebracht haben. Die Gruppe um den ehemaligen Landwirtschaftsminister Borchert hat es aber geschafft, einen konkreten Zeitplan und klare Finanzierungsoptionen aufzuzeigen. Maßgeblich für den Erfolg ist nun der politische Wille, das Konzept auch umzusetzen und europarechtlich sattelfest zu machen. Zunächst müssen sich aber auf nationaler Ebene Umwelt- und Landwirtschaftsministerium kompromissbereit zeigen, um die neuen Ställe auch genehmigungsfähig zu machen.

Welche Konsequenzen kann das für Lohnunternehmer aus Ihrer Sicht haben?

Lohnunternehmer sind starke Partner für die Landwirte, da sie mit Qualität, Effizienz und Präzision punkten. Diesen Dreiklang braucht es auch in der Nutztierhaltung, um Klima- und Umweltschutzziele zu erfüllen und Produkte auf dem Qualitätsmarkt zu platzieren. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass gerade die in der Borchert-Kommission geforderte Honorierung von Gemeinwohlleistungen, wie z.B. Landschaftspflegemaßnahmen, eine Chance für Lohnunternehmer darstellt. Denkbar wären auch digitale Dienstleistungen oder Unterstützung beim Vermarktungsmanagement der Betriebe.

Fakt ist: Der Umbau der Tierhaltung gelingt nur, wenn alle an einem Strang und in die gleiche Richtung ziehen.

Die Fragen stellte
Jens Noordhof
Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

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