BLU-Arbeitskreis Kommunale Dienstleistungen

Für viele kommunale Dienstleister sind Straßen mehr als Transportwege. Auf dem letzten Treffen des Arbeitskreises Kommunale Dienstleister waren sie das Gesprächsthema.

Im Dezember 2014 wurde Kassel erneut zum Treffpunkt von kommunalen Dienstleistern aus ganz Deutschland. 15 Betriebe waren an den beiden Seminartagen vertreten. Neben dem betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt am ersten Tag, waren die Vorträge zum Thema Straßenbau der Hauptgrund für einige Teilnehmer die Anreise auf sich zu nehmen. Martin Vaupel von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen referierte am zweiten Tag über Einflussfaktoren auf die Haltbarkeit von Straßen und Wegen. Dabei standen die natürlichen Faktoren wie Temperaturen und Nässe, auf die niemand einen Einfluss hat, eher im Hintergrund. Vordergründig wurde betrachtet, was sich verändert hat, seit in Deutschland begonnen wurde Wirtschaftswege als asphaltierte Straßen auszubauen. Beispielsweise ist in vielen Ortschaften die Zahl der aktiven Landwirtschaftsbetriebe gesunken, die zugehörigen Flächen wurden verkauft oder verpachtet. Dadurch verlängerten sich die Verkehrswege, aber auch die Wahrnehmung der Landwirtschaft durch die der örtlichen Bevölkerung. Die Modernisierung der verbleibenden Betriebe wird argwöhnisch betrachtet. Insbesondere die größeren Dimensionen von Arbeits- und Transportmaschinen wird kritisch, aber nicht immer korrekt, eingestuft: Die Maschinen seien zu groß und zu schwer für die Wirtschaftswege; Freizeitsportler und Fahrradfahrer konkurrieren häufig mit ihnen um den Vorrang auf den Wegen. Fast jeder Unternehmer in der Runde konnte von einer Situation berichten, in denen er oder ein Mitarbeiter sich rechtfertigen musste oder gar angezeigt wurde.


Investitionsrückstände angehen
Das seit Jahrzehnten nicht mehr in das landwirtschaftliche Infrastrukturnetz investiert wurde, ist für Außenstehende oft nicht ersichtlich. In Kommunalwahlen stehen andere Themen wie Schulen oder Freizeiteinrichtungen im Mittelpunkt; der Investitionsrückstand wächst. Wie Martin Vaupel vorrechnete, müssten in den nächsten Jahren dreistellige Milliardenbeträge in das ländliche Infrastrukturnetz investiert werden. Während für Autobahnen die Maut seit Monaten diskutiert wird, hat die Gemeinde Wardenburg in Niedersachsen die sogenannte Trecker-Maut für Wirtschaftswege schon im Herbst 2014 beschlossen. Seit dem 1.1.15 läuft die zweijährige Testphase. Anders als beim Landvolk, dem Landesbauernverband Niedersachsen, stieß dieses System bei den Teilnehmern des Arbeitskreises auf positive Resonanzen. Das Landvolk forderte statt einer nutzergebundenen Abgabe die Gründung eines Wirtschaftsverbandes, in dem die Landwirte nach Grundstücksgröße gestaffelte Beiträge zahlen. „Bei uns ging das“, erzählte Jens Schünemann, Lohnunternehmer aus dem Kreis Hildesheim, ebenfalls Niedersachsen. Er habe jahrelang einem ähnlichen Verband vorgestanden. Allerdings musste er Gegenwind hinnehmen, wenn er in Erhaltungsmaßnahmen investiert habe. Sparen könne man durch keines der beiden Systeme – in seiner Region profitieren die Landwirte aber von den guten Straßen.
 

SBF und RLW
Das Gewicht ist nur ein Faktor, der die Straßen belastet: Problematischer sind die Geschwindigkeiten, die moderne Zugmaschinen und Selbstfahrer erreichen. Um einen Überblick über die Berechnung der Straßenbelastung zu geben, erläuterte Martin Vaupel die Straßenbelastungsfaktoren (SBF): Eine doppelte Achslast etwa führe zu einer 16-fachen Belastung der Straße, eine Verdoppelung der Aufstandsfläche halbiert die Belastung. Durch mehrere Achsen könnte relativ leicht eine Verringerung der Straßenbelastung erreicht werden. Wer die dadurch geringere Nutzlast, etwas bei einem Güllefass, vermeiden wolle, sollte eher ein kleineres Fass nutzen: „Für die Straßenbelastung spielt es keine Rolle, ob sie mit einem kleinen Fass häufig oder mit einem Tridemfass selten fahren“, so Martin Vaupel. Die doppelte Geschwindigkeit hingegen bewirke eine Vervierfachung der Belastung: „Die freiwillige Beschränkung auf 30 km/h ist daher nicht nur ein öffentliches Entgegenkommen für schwächere Wegenutzer, sondern auch eine Möglichkeit die Wege länger zu erhalten.“
Hans-Werner Lau vom Ingenieurbüro Lau ging in seinem Vortrag über die aktuellen Richtlinien für den landwirtschaftlichen Wegebau (RLW) zusätzlich auf die Bedeutung von Ausweichbuchten ein: Zerfahrene Ränder und Oberflächenprofile beeinflussen die Lebenserwartung der Wege deutlich. Aber auch der Sparzwang vieler Kommunen sei ungünstig. Regelmäßige Unterhaltungsmaßnahmen seien aus seiner Sicht kostengünstiger, da die Wege länger erhalten werden können.


Neuauflage im nächsten Winter
Als Seminarort hat sich Kassel durch seine zentrale Lage bewährt. Auch der Termin im Winterhalbjahr wird von Großteilen des Arbeitskreises favorisiert. Das nächste Treffen wird daher voraussichtlich im Dezember 2015 wieder in Kassel stattfinden. Die Themenfindung ist ebenfalls weitestgehend abgeschlossen: Rechtliche Änderungen im Vergabeverfahren sind für die kommunalen Dienstleister wieder aktuell.


Gesa Lormis,
Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

Erschienen in der LOHNUNTERNEHMEN Februar 2015.