CEETTAR: LU unterstützen "Farm-to-Fork"-Strategie
LU: Die Corona-Pandemie führte dazu, dass Präsenztreffen so gut wie gar nicht mehr stattfinden. Wie klappt es mit den Sitzungen und Treffen der CEETTAR, zu denen in normalen Zeiten Mitglieder aus fast allen europäischen Ländern an einem Ort zusammenkamen?
Jérôme Roche: Natürlich mussten auch wir unsere Präsenzveranstaltungen, wie beispielsweise unser Delegiertentreffen, das wir letztes Jahr im Sommer in Deutschland geplant hatten, leider absagen. Trotzdem ist es uns gelungen, über Online-Konferenzen den Kontakt zu halten. Zum Teil haben wir es dadurch sogar geschafft, Delegierte aus Ländern zu erreichen, die in der Regel selten an den Veranstaltungen teilgenommen haben. Das ist für uns natürlich sehr positiv, da wir ein breiteres Meinungs- und Erfahrungsspektrum an einen Tisch bekommen haben. Was die Kommunikation in Richtung der EU-Gremien betrifft, so funktioniert diese auch sehr gut über den Weg der Online-Konferenz. Alle haben sich darauf eingestellt und sind darüber verfügbar. Nichtsdestotrotz fehlt der informelle, persönliche Austausch. Dieser kommt derzeit eindeutig zu kurz.
Welche Themen werden aktuell auf europäischer Ebene diskutiert, die die Lohnunternehmer betreffen?
Kürzlich veröffentlichte die Europäische Kommission die lang erwartete Farm-to-Fork-Strategie – also die Nachverfolgbarkeit von Produktion bis hin zum Teller des Verbrauchers. Diese ist Teil des Europäischen „Green Deal“ – dem umweltpolitisch wohl ambitioniertesten Gesetzesvorschlag der neuen EU-Kommission, die im Dezember letzten Jahres ihre fünfjährige Amtszeit begann. Die Strategie zielt darauf ab, das europäische Lebensmittelsystem in verschiedenen Dimensionen nachhaltiger zu gestalten und seine Auswirkungen auf Drittländer zu verringern.
Die CEETTAR hat die gleiche Interessenlage wie die Europäische Kommission und sieht die Notwendigkeit, eine wettbewerbsfähige und gleichzeitig nachhaltige Zukunft für die Produktion von Lebensmitteln für Mensch und Tier in Europa zu schaffen. Mithilfe des Einsatzes innovativer und präziser Landtechnik können die Lohnunternehmer beispielsweise direkt dazu beitragen, das Ziel der Reduzierung des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes um 50 % bis 2030 zu erreichen, wie es in der Farm-to-Fork-Strategie vorgesehen ist. Die CEETTAR fordert in dieser Hinsicht eine systematische Folgenabschätzung für jeden neuen Gesetzesvorschlag zur Unterstützung der Farm-to-Fork-Strategie. Außerdem muss die Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, des Einkommens und der Entlohnung für neue Dienstleistungen sowie der Auswirkungen auf die Umwelt und die Ernährungssicherheit transparenter dargestellt werden. Um die EU-Landwirtschaft sowohl wettbewerbsfähig als auch nachhaltig zu machen, plädiert die CEETTAR für eine bessere Kohärenz zwischen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und dem gesamten Green-Deal-Paket. Aus unserer Sicht ist es notwendig, effektive landwirtschaftliche Wissens- und Innovationssysteme zu fördern, die es allen Akteuren ermöglichen, nachhaltig zu werden, indem sie die Innovation und den Wissenstransfer beschleunigen.
Ein zweiter Punkt, mit dem wir uns zurzeit intensiv beschäftigen, ist der vermehrte Diebstahl von GPS-Systemen bei Landmaschinen. Wir haben einen Fragebogen an unsere Mitglieder verschickt, um herauszufinden, ob sie in ihrem Land davon betroffen sind. Für viele unserer Lohnunternehmen ist dies ein großes Problem. Wir denken gemeinsam mit den Mitgliedern über Lösungen nach, und deshalb haben wir Meetings zu diesem Thema und sprechen dazu auch mit der Landtechnik-Interessenvertretung CEMA. (Anmerkung der Redaktion: In unserem Podcast LU-Talk haben wir mit mit der Polizeiinspektion Stendal darüber gesprochen, wie man sich vor Diebställen schützt, bzw. was zu tun ist, wenn man betroffen ist. Hier geht´s zum Podcast.)
Seit einigen Jahren wird über die Vereinheitlichung des Führerscheinrechts in Europa diskutiert. Gerade im Bereich des Einsatzes landwirtschaftlicher Maschinen und Traktoren gibt es hier bisher keine einheitlichen Regelungen in Europa. Wie steht die CEETTAR dazu?
Unsere Idee ist es, den sogenannten T-Führerschein ab 16 Jahren – wie er in Deutschland bekannt ist – auf europäischer Ebene einzuführen. Dadurch erhoffen wir uns eine Verbesserung der Sicherheit im Überlandverkehr mit Landmaschinen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns mit schweren Maschinen im Straßenverkehr bewegen, und entsprechend müssen die Fahrer über eine gewisse Reife und Kenntnisse der Technik verfügen. Die Landwirtschaft und damit auch die Lohnunternehmer werden von der Gesellschaft kritisch beobachtet. Deshalb müssen die Mitarbeiter, die sich mit den Maschinen im öffentlichen Raum bewegen, geschult sein. Es ist jedoch nicht einfach, alle CEETTAR-Mitglieder davon zu überzeugen, dass dieses Thema wichtig und notwendig ist. Dafür sind die Voraussetzungen und Bedingungen in den einzelnen Ländern sehr heterogen.
Die Fragen stellte
Björn Anders Lützen,
Redaktion LOHNUNTERNEHMEN