Strohqualität: "Golden gefärbt reicht nicht."

Warum die Strohqualität eine entscheidende Rolle spielt, erklären Dr. Sabine Rahn und Heinrich Icking, Produktmanagment bei Agravis Futtermittel.
Dr. Sabine Rahn (rechts), Ansprechpartnerin bei Agravis für Silierung und Konservierung, und Produktmanager Heinrich Icking sprechen über die Risiken schlechter Strohqualität. Foto: Klöpping, Agravis

Welche Bedeutung muss Stroh zugemessen werden?

Dr. Sabine Rahn: Die Bedeutung von Stroh in der Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Während es vor einigen Jahren ein Nebenprodukt der Getreideernte war, so ist Stroh heute ein wichtiges Betriebsmittel als Einstreumaterial und z.T. auch als Futtermittel.

Heinrich Icking: In der Fütterung spielt Stroh vor allem im Wiederkäuerbereich sowie in der Pferdehaltung eine Rolle. Mit einem Faseranteil von rund 40 % verleiht es z.B. rohfaserarmen Wiederkäuer-Rationen mit einem hohen Anteil Maissilage schon durch Zugabe geringer Mengen Struktur. In Kombination mit Pansen-geschützten Aminosäuren können so auch Maissilage-reiche Rationen an Hochleistungskühe gefüttert werden. Vor allem in sehr trockenen Jahren, wenn das Grundfutter knapp wird, kann Stroh zu einer wiederkäuergerechten Rationsgestaltung beitragen.

Als Einstreumaterial kommt Stroh in gehäckselter oder gepresster Form in den verschiedensten Tierhaltungssystemen zum Einsatz – ganz klassisch z.B. im Tretmiststall für Milchkühe und Mastbullen oder als gepresste Pellets bei Mastgeflügel (Broiler, Puten) und in der Pferdhaltung. Vor allem in der Schweinehaltung wird es zudem als Beschäftigungsmaterial eingesetzt.

Dr. Rahn: In diesem Zusammenhang müssen wir uns mit dem Gebrauchswert von Stroh auseinandersetzen und uns die Frage stellen, wie gut es für einen jeweiligen Anwendungsbereich geeignet ist.

Viele Landwirte möchten Stroh abgeben, da sie auf diesem Wege die Nährstoffströme ihrer Betriebe lenken können. Die Gewinnung und der Transport von Stroh ist in der Regel ein Feld der Lohnunternehmer – diese sollten die Strohqualität mit in den Fokus rücken.

 

Welche Parameter geben Auskunft über die Qualität des Strohs?

Dr. Rahn: Es ist wichtig, die richtigen Parameter zu kennen, die uns Aussagen über die Qualität des Strohs treffen lassen. Hier gibt es nur wenige Untersuchungen. Hinlänglich wird angenommen, dass die Strohqualität gut ist, solange das Stroh goldgelb gefärbt ist und angenehm riecht. Trocken geerntet und golden gefärbt reichen jedoch nicht aus, wie wir in unseren jüngsten Untersuchungen festgestellt haben.

Icking: Stroh hat immer eine Grundbelastung mit verschiedenen Mikroorganismen: Bakterien, Schimmel- und Schwärzepilze sowie Hefen. Darunter fallen produkttypische sowie verderbanzeigende Arten. Wie es der Name verrät, ist die produkttypische Flora typisch für das Stroh und größtenteils bereits auf dem Feld vorhanden. Bei der Lagerung setzen sich zunehmend verderbanzeigende Mikroorganismen durch.

Dr. Rahn: Insgesamt ergeben sich so sieben Keimgruppen, für die von der LUFA Orientierungswerte vorgegeben werden. Je nachdem, wie sehr das beprobte Stroh diese Orientierungswerte überscheitet, wird es in eine von vier Keimzahlstufen, KZS, eingeordnet – von KZS I, keine Überschreitung, bis KZS IV, Überschreitung um mehr als das Zehnfache.

Beim Stroh sind es vor allem die produkttypischen Pilze der Keimgruppe IV und die Lagerpilze der Keimgruppe V, die über die Qualität entscheiden.

 

Woran ist erkennbar, dass die Strohqualität im Futter nicht stimmt?

Icking: Wurde Stroh schlechter Qualität eingebracht und verfüttert, so können die Tiere, in erster Linie Schweine, durch von Fusarien gebildete Mykotoxine – am bedeutendsten sind Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon – in ihrer Leistung beeinträchtigt werden. Hohe Gehalte dieser Toxine führen zu Leistungseinbußen und Fruchtbarkeitsstörungen.

Die Auswirkungen unterschieden sich je nach Tierart - für DON liegen die Orientierungswerte beispielsweise beim Schwein bei lediglich 0,9 mg/kg Futter; bei einem TS-Gehalt von 88 % in der Frischmasse. Sauen, die Zugang zu Stroh in Form von Einstreu oder Beschäftigungsmaterial haben, nehmen pro Tag bis zu 0,5 kg des Materials zu sich.

Besonders problematisch kann eine ungenügende Strohqualität in der Putenhaltung sein. Das mehrmalige Einstreuen pro Woche mit Schimmel- und Schwärzepilzen belastetem Stroh führt unter Umständen zu einer Aspergillose (Ausbildung von Pilzgewebe in den Atemwegen). Einwandfreies Stroh ist Grundvoraussetzung für gesunde Tiere.

Dr. Rahn: Wir raten unbedingt zu einer Untersuchung des Futterstrohs auf den Hygienestatus.

Wirkung des Konservierungsmittels RaicoSil Straw auf die Schimmelpilzbildung in Gersten- und Weizenstroh sowie die DON-Werte in Weizenstroh. Grafik: Agravis

 

Sie haben einen Versuch zur Strohqualität durchgeführt – was ist dabei herausgekommen?

Dr. Rahn: Genau – wir haben in Kooperation mit dem Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Südwestfalen Versuche für eine Masterarbeit zum Thema Strohkonservierung angelegt. Der Masterstudent hat im Juni und Juli 2018 Weizen- und Gerstenstroh bei besten Bedingungen geerntet und unter Dach gelagert. Es wurden Proben im Schwad, nach einem Tag des Pressens und dann wöchentlich gezogen. Dabei hat der Student die Ballen jeweils sensorisch als auch hinsichtlich ihrer Temperatur, ihres Trockenmassegehaltes sowie ihres aw-Wertes (für mikrobielle Prozesse verfügbares Wasser) untersucht. Im Schwad, direkt nach dem Pressen, nach 30 Tagen und nach 100 Tagen im Ballen hat er sich außerdem die gesamte Keimpopulation und die Belastung mit Mykotoxinen angeschaut.

Die Ergebnisse haben uns sehr überrascht: Wir fanden Keimfrachten, die weit oberhalb der Orientierungswerte lagen – sowohl für die verderbanzeigenden Pilze der Keimgruppe V, als auch für die produkttypischen der Keimgruppe IV. Im Verlaufe der Lagerung haben sich letztere etwas verringert, lagen jedoch weiterhin oberhalb der Orientierungswerte. Das von uns untersuchte Stroh hatte demnach Qualitätseinbußen zu verzeichnen, obwohl es sensorisch der Anforderungen entsprach, und obwohl wir uns in einem sehr trockenen Jahr mit weniger guten Wachstumsbedingungen für Keime befunden haben.

 

Sie haben außerdem Stroh mit „RaicoSil Straw“ behandelt?

Dr. Rahn: Ja, wir haben unbehandeltes Stroh mit solchem verglichen, das während des Pressens mit RaicoSil Straw besprüht worden war. Dies ist ein Konservierungsmittel, dass wir speziell für Stroh entwickelt haben – es kann ab einem TS-Gehalt von 80 % angewendet werden. Das Produkt besteht aus Salzen verschiedener Konservierungssäuren und ist im Gesamten ein Neutralsalz, sodass es keine Korrosion bei der Dosiertechnik auslöst. Das Granulat wird in Wasser angerührt. Während des Pressvorgangs erfolgt die Dosierung an der Pickup der Presse. Wir haben 1,25 l/t über einen Dosierautomaten (siehe Video über QR-Code) zugegeben. Die Düsen sprühen direkt in die Pickup, damit das Schwad gleichmäßig von RaicoSil Straw benetzt wird.

Wir konnten die Wirksamkeit von RaisoSil Straw nachweisen: Unbehandeltes und mit Konservierungsmittel eingesprühtes Stroh waren signifikant unterschiedlich hinsichtlich der Höhe der Schimmelpilzbelastung als auch der Höhe der DON-Werte (Abbildung 1). Behandeltes Stroh hat einen besseren Hygienestatus und kann ohne Einschränkungen verwendet werden. Die Verwendung von RaicoSil Straw kann somit eine gute Strohqualität sichern.

 

Worauf sollte bei der Strohbergung und Lagerung geachtet werden?

Icking: Wichtig sind trockene Bedingungen – bei der Strohgewinnung sowie bei der anschließenden Lagerung der Strohballen. Nach dem Drusch sollte das Stroh zügig eingefahren werden, denn das fluffige Schwad sackt mit der Zeit in sich zusammen, wovon verderbanzeigende Keime profitieren. Aufgrund der neuen Erkenntnisse, die wir im Versuch im Jahr 2018 gewonnen haben, empfehlen wir die Zugabe eines Konservierungsmittels, um u.a. Schwankungen in der Restfeuchte abzupuffern und die Keimpopulationen gering zu halten. Unmittelbar nach dem Pressen schwitzt das Stroh im Ballen nach, die Temperatur im Ballen steigt an, was auf eine hohe Aktivität der Mikroorganismen zurückzuführen ist. Diese flacht später wieder ab. Wir raten daher, Strohballen erst nach etwa vier Wochen Lagerung zu verfüttern bzw. als Einstreu zu nutzen.

Dr. Rahn: Futterstroh sollte immer unter Dach, vor Vögeln und Nagern geschützt, gelagert werden. Häufig wird es jedoch draußen belassen und nach Bedarf vom Feld geholt – das fördert Schimmelpilze. Wenn es aus Platzgründen nicht anders geht, sollte es unbedingt auf Paletten liegen und mit einem speziellen Flies geschützt werden, das darüber hinaus eine ausreichende Luftzirkulation ermöglicht.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Dorothee Ebeling, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

 

Der Artikel ist erschienen in der Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Ausgabe August 2019.

 

Wie das Konservierungsmittel RaicoSil dosiert wird, können Sie sich im folgenden Video der Agravis anschauen.

 

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