Traubenernte im Lohnunternehmen
Der Weinbau hat dem Lohnunternehmen Hans-Günther Herbert aus Ober-Olm gute Zeiten beschert. Der heute 59-jährige Betriebsleiter startete als junger Hofnachfolger mit einem 15 ha großen Erbe. Das war das, was seine Eltern ihm vermachen konnten. Hans-Günther Herbert selbst hat zunächst eine Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker, später eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert. Und weil das in Rheinhessen einfach dazugehört, eignete er sich umfangreiche Kenntnisse in der Traubenerzeugung an.
Seit 1996 im Lohngeschäft
Im Laufe der Jahre vergrößerte Herbert kontinuierlich seinen landwirtschaftlichen Betrieb. 1996 gründete er sein Lohnunternehmen. „Getreide, Zuckerrüben und der Weinbau – das sind die großen Kulturen in unserer Region“, erläutert er. Mit zwei Mähdreschern und drei Traubenvollerntern war er lange Jahre unterwegs. Die maschinelle Lese ist in den eher flachen Rebanlagen Rheinhessens schon viele Jahre zu Hause. „Mit dem Mähdrescher sind wir anfangs noch bis in den Taunus gefahren“, erinnert er sich. Doch die wachsende Konkurrenz kostete ihn Kunden, die weiten Anfahrten lohnten nicht mehr. Er überdachte sein Servicekonzept. Heute arbeitet er nur noch mit einem Mähdrescher, der allerdings ist mit einer Schnittbreite von 9 m sehr effizient. „Die Kunden brauchen uns Just-in-time, die Ernte-Zeitfenster werden immer enger“, sagt der Lohnunternehmer. „Hohe Schlagkraft ist ein Muss.“ Die gleiche Entwicklung registriert er auch im Weinbau. „Die Winzer werden zur Lesezeit zunehmend nervöser, Qualitätswein holt man nur von den Stöcken, wenn der Erntezeitpunkt stimmt.“
Da erstaunt es, dass Herbert auch die Zahl seiner Vollernter von drei auf zwei reduziert hat. Grund dafür sind die besonderen Verhältnisse im Speckgürtel rund um Mainz. Wohnraum und Bauplätze sind hier heiß begehrt. Das bringt vielen Landwirten Geld in die Kasse, was investiert werden will. „Die hochklassige Eigenmechanisierung der Betriebe nimmt zu“, stellt LU Herbert fest. „Zum einen setzt das die Betriebe in die Lage, ihre Arbeitsabläufe unabhängiger und nach eigenen Vorstellungen zu organisieren, zum anderen wird der Kuchen für die wachsende Zahl der Lohnunternehmer kleiner.“
Die Winzer werden zur Lesezeit zunehmend nervöser, Qualitätswein holt man nur von den Stöcken, wenn der Erntezeitpunkt stimmt.
Hans-Günther Herbert, Lohnunternehmer
So hat sich auch der Kundenstamm von Hans-Günther Herbert verändert. Er erledigt die Lese im Lohn überwiegend für Fasswinzer oder für Betriebe, die ihre Trauben direkt an eine Großkellerei abliefern. Dies hat für ihn den Vorteil, dass er keinen kostspieligen Entrapper vorhalten muss, den er gar nicht auslasten könnte. Das Entrappen übernimmt die Kellerei selber. Auch einige Flaschenabfüller arbeiten so, für diese Kunden ist Herbert nach wie vor im Einsatz. Es sind derzeit rund 30 Kunden, also weniger als früher. Da die Betriebe aber wachsen, schlägt sich dies nicht 1:1 in der Hektarzahl nieder. Rund 150 ha erntet LU Herbert im Lohn. „Mit beiden Vollerntern komme ich so auf eine theoretische Leseleistung von 800 km.“
Engpässe im Abtransport
Die mechanisierte Lese führt vielerorts zu Engpässen beim Abtransport der Trauben. Der einzige Traubenabnehmer in der Region ist die Weinkellerei Trautwein im 25 km entfernten Lonsheim. Ein Transport dorthin mit den üblichen, kleinen Traubenwagen ist zeitaufwendig und teuer. Diese Lücke schließt jetzt das Lohnunternehmen Herbert. „Mein Sohn Matthias, der mit mir gemeinsam in einer GbR den landwirtschaftlichen Betrieb führt, ist vor sechs Jahren durch Zufall im Internet auf ein interessantes Fahrzeug gestoßen“, erinnert sich Herbert Senior. „Dieses Spezialfahrzeug, eine Sonderanfertigung für den Transport von Lebensmittelabfällen, passte exakt auf unsere Bedürfnisse. Wir haben es gekauft.“
Mit beiden Vollerntern komme ich so auf eine theoretische Leseleistung von 800 km.
Hans-Günther Herbert, Lohnunternehmer
Der 3-Achser ist mit einem verschließbaren Edelstahl-Behälter ausgestattet und entspricht damit im höchsten Maße den hygienischen Anforderungen des Traubentransportes. Von den kleinen Lesewagen aus werden die Trauben jetzt ungequetscht in den Stahlbehälter umgepumpt. So lassen sich die kleinen Mengen zu transportwürdigen Einheiten zusammenfassen.
In Absprache mit der Kellerei füllt Herbert das Transportfahrzeug nach einem strengen Leseplan immer nur mit einer Sorte, um Traubenvermischungen zu verhindern. Die Einzelpartien der verschiedenen Kunden werden über eine Waage erfasst. Insgesamt können so 26 t Trauben in einer Tour zur Kellerei gebracht werden. „Dieser Wagen ist wahrscheinlich einmalig in Deutschland“, sagt Hans-Günther Herbert und fügt hinzu: „Die große Entfernung zur Weinkellerei ist damit kein Problem mehr.“ In Spitzenzeiten steht noch ein weiterer Sattelauflieger mit Alu-Aufbau zur Verfügung, der aber überwiegend bei der Getreideernte oder zum Kompost- und Schottertransport eingesetzt wird. Mit den Fahrzeugen hat Herbert doch noch eine Nische in der Nische der Sonderkulturen gefunden. Für den Fortbestand des Lohnunternehmens ist das ein wichtiger Baustein.
Schnelle Weinlese
Derzeit schreitet die Mechanisierung im Weinbau immer weiter fort. Der „Herbst“ ist in Rheinhessen schnell erledigt. Wo früher unzählige Menschen wochenlang unterwegs waren, um die Trauben in Bütten einzusammeln, fahren heute die Vollernter in Windeseile die Reihen ab. In etwa zwei Stunden ist ein Hektar gelesen. Früher rechnete Herbert in Minuteneinheiten ab, heute hat er auf gelesene Meter umgestellt. „Es gibt somit einen fest kalkulierbaren Preis für alle Beteiligten, das macht Fahrer und Winzer stressfreier und flexibler“, so Herbert. „Insgesamt arbeiten wir mit diesem Abrechnungssystem effizienter.“
Parallel zum momentan stagnierenden Lohnunternehmergeschäft arbeitet Hans-Günther Herbert gemeinsam mit seinem Sohn daran, den landwirtschaftlichen Betrieb auszubauen. Darin sehen die beiden Wachstumspotenzial. Die GbR bewirtschaftet derzeit 130 ha Getreide und Zuckerrüben, Tendenz steigend. Speziell zur Bearbeitung der Flächen, die von der EU mit einem Pflugverbot belegt sind, hat Herbert sich einen Strip Till Focus der Firma Horsch angeschafft. Das Gerät verfügt über eine Arbeitsbreite von 4 m. Er überfährt die Flächen damit zunächst flach in einer Bodentiefe von 10 cm. Bei der Saat liegt die Arbeitstiefe bei 15 – 20 cm. Gleichzeitig wird die Unterfußdüngung mit ausgebracht.
Zum Betrieb gehören darüber hinaus 12 ha selbst bewirtschaftete Weinbergsfläche. Herbert gehört, ebenso wie viele seiner Kunden, zu den Traubenablieferern. Einen Weinkeller, in dem er eigene Weine ausbaut, besitzt er nicht.
Friederike Krick
Fotos: Krick
Sonderkulturen- und Weinbautechnik live
Besucher der diesjährigen Messe INTERVITIS INTERFRUCTA HORTITECHNICA in Stuttgart vom 27. bis 30. November 2016 können die neuesten Maschinen im Einsatz begutachten. Denn auf der Technikmesse für Wein, Saft und Sonderkulturen wird es täglich in einer Halle Maschinenvorführungen geben – jeweils mit dem Schwerpunkt Sonderkulturen und Wein. Die Maschinenvorführungen werden optimal durch zwei Sonderschauen in Halle 1 ergänzt: Besucher können hier erstmals den kompletten Salat-Anbauprozess von der Aussaat bis zur Ernte nachvollziehen und erfahren alles Wissenswerte über den Einsatz von Drohnen und Robotik im Weinbau und im Anbau von Sonderkulturen. Weite Infos unter: www. Ivifho.de