März: LU Püschel

Pflanzenschutz in Kartoffeln erfordert eine hohe Aufmerksamkeit und schnelle Reaktionen vom Anwender. Ist erst einmal die Krautfäule in den Beständen auf-getreten, kann es innerhalb kurzer Zeit zu hohen Ernteausfällen kommen. Carsten Püschel ist einer der Lohnunternehmer, der sich auf dieses Geschäft spezialisiert hat.
Bei einer geforderten Wasseraufwandmenge von 300 l/ha kann LU Carsten Püschel mit seiner Spritze mit ca. 8 km/h durch die Bestände fahren. Das Spritzgestänge wird in der Regel in einem Abstand von 50 bis 60 cm über den Pflanzen geführt.

Carsten Püschel hat sich vor zehn Jahren als Lohnunternehmer selbständig gemacht. Vorher hat er elf Jahre lang auf einem Kartoffelbetrieb gearbeitet, der unter anderem in der Kartoffel-Vermehrung tätig ist. „Daher habe ich mein Wissen über die Kartoffel“, blickt Carsten Püschel zurück. Der Betrieb hätte damals schon überbetrieblich Pflanzenschutz für Kartoffelbetriebe innerhalb eines Anbauringes durchgeführt. „Irgendwann kam der Zeitpunkt, dass der Betriebsnachfolger mit eingestiegen ist und für mich nicht mehr genug zu tun war. Also habe ich mich entschieden, mein eigenes Ding zu machen“, erklärt der 41-Jährige. Heute ist er noch immer der einzige Festangestellte des Lohnunternehmens mit Sitz im niedersächsischen Wennigsen, obwohl sein Maschinenpark in den letzten Jahren erheblich gewachsen ist. Er kann jedoch auf sechs Aushilfskräfte zurückgreifen: „Das sind in der Regel Söhne von Landwirten, die Kapazitäten frei haben. Die kennen das Geschäft, die Kunden und die Kulturen.“ Was das Spritzen angeht, so kommen die Aushilfskräfte allerdings nicht zum Zuge. „Das ist Chefsache und das hat einen guten Grund. Ich bin zertifizierter Dienstleister nach Global-GAP. Auf jeder Rechnung, die ich ausstelle, muss der Name des Fahrers notiert werden“, erklärt Carsten Püschel das Prozedere und weiter: „In sämtlichen anderen Dienstleistungsbereichen des Betriebes hole ich mir allerdings die Hilfe der anderen, wenn meine eigene Zeit nicht ausreicht. Das beginnt bei der Bodenbearbeitung, geht über das Pflanzen, die mechanische Unkrautbekämpfung, über die Düngung bis hin zu Ernte. Als weiteres Standbein bieten wir die Grünflächenpflege, den Schnitt von Straßenbegleitgrün mit der Astschere sowie den Winterdienst mit zwei Traktoren an.“
Carsten Püschel arbeitet mit einem landwirtschaftlichen Betrieb zusammen, der die Maschinen des Lohnunternehmers mit nutzt. Für ihn hat das den Vorteil, dass beim Kauf der Maschinen eine gewisse Grundauslastung gegeben ist und er somit nicht bei Null anfängt.

 

Pro Jahr spritzt LU Carsten Püschel mit seiner Anhängespritze insgesamt 4.000 bis 4.500 ha – davon 2.300 ha allein in Kartoffeln. Die restlichen 2.200 ha teilen sich in Getreide, Raps, Rüben und etwas Mais auf.

In enger Absprache mit dem Berater
Die Kartoffelerzeugergemeinschaft, für die LU Carsten Püschel spritzt, baut unter anderem Kartoffeln für eine Fastfood-Kette an. Diese verlangt möglichst große und längliche Knollen. „Die Kartoffelsorte, die für die-sen Kunden angebaut wird, bildet Knollen mit Gewichten von 250 bis 350 g. Wir nennen diese scherzhaft ´Brote´“, erklärt der Lohnunternehmer.
Das „Pflanzenschutz-Prozedere“ in der Kartoffelerzeugergemeinschaft, für die LU Püschel arbeitet, läuft in der Regel folgendermaßen ab: Der Hauptkunde des Erzeugerringes stellt einen Anbauberater zur Verfügung, der die Bestände in regelmäßigen Abständen bonitiert. Dieser legt je nach Witterung fest, welche Mittel zur Anwendung kommen müssen. Die Mittel werden dann an LU Püschel geliefert. LU Carsten Püschel verwendet dann diese Mittel in Absprache mit dem Anbauberater. „Ich bin ständig im Kontakt mit dem Anbauberater. Zum einen telefonieren wir beinahe täglich, zum anderen bekomme ich während der Saison einen Tag vor den Spritzmaßnahmen ein Fax, auf dem sämtliche Schläge, die an diesem Tag gespritzt werden müssen, mit den Mitteln sowie den Aufwandmengen zugeschickt. Das ist dann mein Arbeitsplan“, erklärt Carsten Püschel.
Die Erzeugergemeinschaft bewirtschaftet ca. 720 ha Kartoffelfläche. Für diese Flächen stehen fünf Spritzen zur Verfügung. Eine davon gehört LU Püschel: „Der Anbauberater kann zentral auf diese Spritzen zugreifen. Das heißt, er disponiert diese, damit nicht alles durcheinander läuft. Wenn der Krautfäule-Druck hoch ist, muss die gesamte Kartoffelfläche innerhalb von 48 h gespritzt werden können. Das funktioniert nicht, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht.“ Wenn alles gut läuft, schafft LU Carsten Püschel mit seiner 5.500 l Anbauspritze mit 28 m Gestänge 10 ha pro Stunde: „Dann muss allerdings alles passen. Allein die Flächengrößen differieren von 2,5 bis 30 ha. Auch die Wegstrecken zwischen den Flächen und die Wasserversorgung bremsen uns gegebenenfalls in der Leistungsfähigkeit. Außerdem sind wir natürlich stark witterungsabhängig. Im Regen können wir nicht arbeiten – wenn die Sonne brennt und die Temperaturen über 25°C liegen, geht es auch nicht mehr. Bei Windgeschwindigkeiten über 3,5 m/s ist ebenfalls Schluss.“

 

LU Carsten Püschel verwendet Einzeldüsenstöcke mit Düsen von Agrotop: „Wir fahren durch viele unterschiedliche Kulturen. Trotz Druckumlaufspülung hat man bei den Mehrfachdüsenkörpern Restmengen im System. Ich schraube lieber in 15 Minuten die Düsen um. Dann habe ich die Gewissheit, dass das System wirklich restmengenfrei ist. Außerdem sehe ich so, ob die Düsen noch in Ordnung sind.“

Mittel werden gestellt
Der Anbauberater ordert die Pflanzenschutzmittel und sorgt dafür, dass das jeweilige Mittel zum richtigen Zeitpunkt bei LU Püschel auf dem Hof ist. Dieser nimmt die Mittel dann mit zu den Kunden. Die Wasserversorgung liegt in den Händen der Landwirte. Diese haben sich auf die Leistungsfähigkeit des Dienstleisters eingestellt und zum Teil größere Wasserbehälter aufgestellt. Somit können zum Befüllen des Tanks die Pumpen der Spitze genutzt werden. Entsprechend schnell ist der Befüllvorgang abgeschlossen.
Nach jeder Fläche, die Carsten Püschel gespritzt hat, notiert er elektronisch, welche Maßnahme durchge-führt wurde und wann er die jeweilige Fläche abgeschlossen hat. Diese Daten werden abends auf den Betriebs-PC übertragen und von dort zum Anbauberater übertragen. Dieser fügt die Daten entsprechend in die Ackerschlagkartei ein. „Der Zeitpunkt, wann ich mit einer Fläche fertig geworden bin, ist von entscheidender Bedeutung. Wenn es nämlich eine Stunde später stark regnet, kann es je nach gefallener Niederschlagsmenge und gewähltem Mittel sein, dass die durchgeführte Maßnahme gar nicht bzw. nur vermindert wirkt“, so Carsten Püschel und weiter: „Im schlimmsten Fall muss man dann am nächsten Tag die Fläche nochmal anfahren. Natürlich haben wir das Wetterradar immer im Auge, bevor wir mit der Arbeit beginnen. Aber es kommt vor, dass ein Niederschlagsereignis heftiger ausfällt, als es vorausgesagt wurde. Die Mittel sind unterschiedlich schnell regenfest. Wenn nun eine Stunde nach Abschluss der Maßnahme Niederschlag fällt, wirken einige Mittel nicht vollständig. Dann muss der Anbauberater anhand der Daten, die wir ihm zur Verfügung stellen, errechnen, ob wir gegebenenfalls nachsetzen müssen.“
LU Carsten Püschel sieht sich als „verlängerter Arm“ des Anbauberaters. Er fährt mit seiner Spritze vom Zeitpunkt des Legens bis zur Ernte der Kartoffel bis zu 14-mal durch die Bestände und hat somit einen sehr guten Überblick, wie sich die Pflanzen entwickeln. 10 bis 12-mal wird dabei gegen Krautfäule gespritzt, 1-mal werden Herbizide eingesetzt und die Abschlussspritzung ist dann eine Krautabtötung.

 

So soll es aussehen: Das Kartoffelblatt wurde ganzflächig benetzt.

Mit offenen Augen durch den Bestand
„Der Anbauberater hat nicht die Möglichkeit, sämtliche Flächen so im Auge zu behalten wie jemand, der auf der Spritze sitzt. Deshalb ist es notwendig, dass ich mich pflanzenbaulich auskenne. Fällt mir etwas auf, dann gebe ich dem Anbauberater eine Rückmeldung. Diese kommt gegebenenfalls raus zur Fläche und wir schauen uns gemeinsam die Pflanzen an. Danach wird entschieden, was gemacht werden muss.“ Es ginge dabei nicht nur um Krankheiten oder Schädlinge, die den Beständen zu schaffen machen. Auch die Versorgung mit Spurennährstoffen muss im Fokus des Spritzenfahrers liegen. „Wir hatten im letzten Jahr z.B. eine Fläche, auf der Molybdän fehlte. Das Mangelbild muss man natürlich erkennen können, wenn man als Dienstleister nicht nur einfach nach Schema F arbeitet, sondern auch Vorschläge und Lösungen im Bereich Pflanzenbau anbieten will.“ Ohne Weiterbildung geht es deshalb nicht. Jährlich nehmen die Fahrer der Spritzen der Erzeugergemeinschaft an einer Fortbildung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen teil. „Für die Zertifizierung nach Global-GAP ist diese Fortbildung verpflichtend“, ergänzt Carsten Püschel.
    Bei der ersten Maßnahme in den Kartoffeln wird mit Herbiziden gearbeitet, die mindestens acht bis zehn Tage vor dem Auflaufen der Kartoffel gespritzt werden müssen, um die Kartoffelbestände sauber von Unkraut zu halten. Die erste Maßnahme gegen Krautfäule wird mit einem systemischen Fungizid vorgenommen. „Hauptschaderreger im Kartoffelanbau ist Phytophthora und Alternaria. Je nach Witterung muss gegen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule im Abstand von 8 bis 12 Tagen gespritzt werden. Je feuchter es ist, desto kürzer ist der Abstand zwischen den Maßnahmen. Wenn es feucht ist, müssen wir auf vollsystemische Mittel zurückgreifen, die komplett von der Pflanze aufgenommen werden und sich in der gesamten Pflanze verteilen“, erklärt Carsten Püschel. In der Regel wird mit einer Wasseraufwandmenge von 300 l/ha gefahren, um eine vollständige Benetzung der Pflanzenblätter zu erreichen. „Entdecken wir Kräutfäulenester in den Beständen, so werden diese markiert. Diese Bereiche werden nachfolgend alle drei Tage behandelt (Stopspritzung). Das Problem der Phytophthora ist die Verteilung der Sporen über die Luft. Wir müssen uns also beeilen, wenn ein Befall auftritt, da sich dieser je nach Witterung rasend schnell ausbreiten und zu hohen Ernteausfällen führen kann“, gibt Carsten Püschel zu bedenken.
Ein weiterer Punkt der zu beachten ist, ist das Resistenzmanagement. Wenn mit wöchentlichen Abständen gespritzt, das Mittel aber nicht regelmäßig gewechselt wird, ist die Gefahr der Resistenzbildung groß. „Wir wenden maximal zweimal nacheinander den gleichen Wirkstoff an“, so Carsten Püschel und ergänzt: „Zum Glück stehen uns, was die Krautfäule betrifft, ausreichend Wirkstoffalternativen zur Verfügung, so dass man das Problem, wenn man gut aufpasst, im Griff behalten kann.“ Anders sehe es bei der Bekämpfung von Blattläusen aus. Hier ist die Auswahl laut Carsten Püschel gering, vor allem wenn Mittel eingesetzt werden müssen, die Bienen nicht gefährden: „Wir müssen die Bestände möglichst unkrautfrei halten. Fängt beispielsweise Kamille im Kartoffelbestand an zu blühen, dann können wir nur noch Mittel mit einer B4-Auflage einsetzen, da Insektizide gegen Läuse oftmals bienengefährlich sind.“

 

In einem Handheld notiert Carsten Püschel, wann er die jeweilige Fläche fertig gespritzt hat.

Abrechnung nach ha
Nach der Pflanzenschutzmaßnahme werden die Anbauer von Carsten Püschel über die durchgeführte Maßnahme informiert: „Die Info, welche Kartoffelfläche mit welchem Mittel behandelt wurde, wird per Email an die Anbauer geschickt.“ Das Spritzen rechnet Carsten Püschel pro ha ab. Der Grundpreis liegt bei ca. 11 Euro pro ha. Sind die Flächen kleiner als 3 ha kommt ein Zuschlag von 2 Euro hinzu. Die Mittel werden monatlich vom Erzeugerring direkt bei den Anbauern abgerechnet. „Was die Pflanzenschutzmaßnahmen betrifft, so muss man bei Kartoffeln pro ha insgesamt mit ca. 400 Euro für die Mittel und zusätzlich das Spritzen rechnen“, erklärt Carsten Püschel.
Ungefähr einen Monat vor der Ernte wird das Kraut der Kartoffeln abgeschlegelt. Dies bewirkt das Größen-wachstum der Knolle, da Wasser und Nährstoffe nicht mehr in das Kraut transportiert werden. Anschließend wird Reglone zur Krautabtötung gespritzt. „Das führt dazu, dass die Kartoffeln schalenfest werden und bei der Ernte weniger Beschädigungen auftreten. Nach der Spritzung muss eine Wartezeit von 10 Tagen eingehalten werden, bevor mit der Ernte begonnen werden darf“, erklärt Carsten Püschel das Ernteverfahren.

 

Die gezogene Amazone Spritze mit 28 m Gestänge hat ein Tankvolumen von 5.500 l. „Eine Lenkachse benötigen wir nicht. Die Verluste, die durch die Starrachse entstehen, halten sich in Grenzen, da wir immer die gleichen Spuren nutzen“, ist Carsten Püschel überzeugt.

Kartoffelernte mit Schwadleger und Roder
Neben dem Pflanzenschutz ist die Kartoffelernte eines der Hauptgeschäfte für Carsten Püschel. Hierbei kommt ein zweiphasiges System zum Einsatz. „Wir arbeiten mit einem Schlepper mit Schwadleger. Dieser nimmt zwei Reihen auf und legt diese zwischen den nächsten zwei Reihen ab. Anschließend fahren wir mit einem zweireihigen gezogenen Roder darüber und nehmen somit vier Reihen auf, die sofort auf einem nebenherfahrenden Schlepper mit Mulde überladen werden“, erklärt Carsten Püschel das Kartoffelernte-Verfahren. Pro Roder werden fünf Abfahrer benötigt, da mit diesem Verfahren bis zu 85 t/h geerntet werden können. Die Kartoffeln werden anschließend zu einem zentralen Lager der Erzeugergemeinschaft in der Nähe geliefert, das Platz in vier Hallen für je ca. 4.500 t Kartoffeln bietet. Anschließend werden die Kartoffeln gekühlt, um Lagerverluste zu vermeiden. Ab Dezember erfolgt dann die Auslieferung an den Abnehmer.
Die Kartoffeln werden nach Größen abgerechnet. Sie werden in unterschiedliche Fraktionen gesiebt. „Die Erzeugergemeinschaft ist allerdings ausschließlich an den Übergrößen interessiert. Abzüge gibt es für Erdanhaftungen, Beschädigungen und grüne Kartoffeln“, erklärt Carsten Püschel. In der Regel kommen somit ca. 30 % Abzüge zusammen, was aus Sicht des Lohnunternehmers nur schwer reduzierbar ist, da auch das Wetter und der Stärkegehalt der Knolle dazu beiträgt.
Der Preis der Kartoffeln, die die Erzeugergemeinschaft an die Fastfoodkette liefern, ist festgeschrieben. „Gedeckelt ist dieser Preis bis zu einer Erntemenge von 30 t pro ha. Im Schnitt ernten wir 40 bis 45 t pro ha verkaufsfähige Ware. Die überschüssige wird nach dem Preis an der Börse abgerechnet, wobei vertraglich eine Unter- und Obergrenze beim Betrag geregelt ist“, erklärt der Lohnunternehmer.
Insgesamt ist Carsten Püschel sehr zufrieden mit seinem Geschäft und was ihn besonders freut: „Mein Sohn ist jetzt 15 Jahre alt und möchte die Ausbildung zu Fachkraft Agrarservice machen. Anschließend will er in den Betrieb einsteigen. Was gibt es Besseres?“

 


Björn Anders Lützen,
Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

Erschienen in der LOHNUNTERNEHMEN Juli 2013.