Auto-Fill nach hinten
Der Häckslermarkt ist in Deutschland nach wie vor auf gutem Weg, jedenfalls zeigen die verkauften Stückzahlen keineswegs nach unten. Die Gesamtmarktzahl von 500 Einheiten dürfte auch in diesem Jahr erreicht bzw. überschritten werden, jedenfalls ist dies aus dem Markt zu hören. Logischerweise schneidet nicht jeder Hersteller in diesem Jahr mit verbesserten Verkaufszahlen gegenüber dem Vorjahr ab, denn der Markt ist heiß umkämpft und reagiert auf Innovationen und neue Baureihen. Entsprechend groß ist die Innovationskraft und -geschwindigkeit der Hersteller bei ihren Häckslern. Am Ende der Saison 2016 stellt nun auch Claas die neue Baureihe Jaguar 900 vor. In der Nähe von Merseburg konnten Fachjournalisten kürzlich die neue Jaguar-Technik und den neuen Maispflücker auf nassem Grund und im trockenen Mais Probe fahren.
Hydraulischer Vorsatzantrieb
Der stufenlose Vorsatzantrieb arbeitet rein hydrostatisch und erlaubt eine effizientere Kraftübertragung bei variabler Drehzahl. Verändert sich die Schnittlänge, passt das System die Vorsatzdrehzahl automatisch an. Das Ergebnis ist – laut Claas – ein gleichmäßiger Gutfluss und eine gleichbleibende Häckselqualität. Zudem kann der Fahrer auf unterschiedliche Erntebedingungen reagieren, indem er die automatisch geregelte Vorsatzdrehzahl individuell anpasst. Der mechanische Antrieb mit konstanter Drehzahl steht jedoch weiterhin zur Verfügung. Er lässt sich jetzt zusätzlich mit dem stufenlosen Antrieb kombinieren. Diese leistungsverzweigte Variante mit mechanischem und hydrostatischem Antrieb ermöglicht eine hohe Kraftübertragung bei konstanter Drehzahl. Claas sieht besondere Vorteile auch beim Antrieb des Direktschneidwerkes und der Maispflücker.
Alle neuen Jaguar 900-Modelle bieten zudem Veränderungen am Gutfluss, zum Beispiel eine hydraulische Gegenschneidenklemmung, die ein schnelleres Einstellen der Gegenschneide als bisher erlaubt. Nach dem Einstellvorgang wird die Gegenschneide hydraulisch festgeklemmt und bleibt in der gewünschten Position. Die Bedienung kann der Fahrer von der Kabine aus vornehmen.
Zusätzlich arbeiten die neuen Modelle mit einem automatisch nachstellbaren Trommelboden. Der Trommelboden ist direkt am Ambos und einem weiteren Drehpunkt befestigt und wird automatisch beim Einstellen der Gegenschneide mitgeführt. Dadurch bleibt der Abstand zwischen Boden und Häckselmessern über die gesamte Länge des Trommelbodens konstant, was unabhängig vom Zustand der Messer einen gleichmäßigen Gutfluss sicherstellen soll.
Auto-Fill zur Hecküberladung
Das Auto-Fill-System von Claas für die Seitenüberladung beim Häckseleinsatz ist bekannt. Eine neue hochauflösende Kamera am Auswurfkrümmer erfasst während der Fahrt kontinuierlich die Konturen des Häckseltransportwagens und passt die Wurfrichtung des Häckselgutes automatisch an die Konturen und den Beladungszustand an. Neu ist die Unterstützung nun auch bei der Hecküberladung, die beim Anhäckseln oder Durchteilen von Ernteflächen zum Einsatz kommt. Die neue Baureihe Jaguar 900 wurde für die Auto-Fill-Heckbeladung mit einer neuen Kameratechnik ausgerüstet. Dabei handele es sich um eine andere Kamera, als bei dem System der Seitenbefüllung, betont Claas. Allerdings arbeitet auch diese Kamera, wie das menschliche Auge, nur so gut, wie auch die Lichtverhältnisse sind. Also ist gute Scheinwerferausleuchtung wichtig. Eine Nachrüstung des Jaguar 800 mit der Auto-Fill-Heckbeladung sei derzeit nicht möglich.
Eine weitere Neuerung ist der Hydrostatmotor, ausgelegt als Doppelverstellmotor. Er verfügt über ein hohes Drehzahlspektrum. Dadurch sind Straßenfahrten mit sehr niedriger Motordrehzahl möglich. Der Fahrantrieb der neuen Jaguar-Baureihe-900 ermöglicht im ersten Gang beim Feldeinsatz eine Geschwindigkeit von bis zu 22 km/h. Eine Differentialsperre kann wahlweise manuell gesteuert werden, als Einschaltautomatik durch automatische Zuschaltung bei Schlupferkennung oder als Ausschaltautomatik bei entsprechendem Lenkeinschlag und Geschwindigkeiten über 15 km/h. Zusätzlich verfügen alle Modelle über eine automatische Feststellbremse, die greift, wenn der Fahrhebel in Neutralposition steht.
Maispflücker Updates
Die Rentabilität des Mähdreschers wird oft erst durch die Körnermaisernte erzielt. Für die Körnermais-Drescher hat Claas jetzt seine Maispflücker Corio und Corio Conspeed mit einigen Updates versehen. Mehr Fahrsicherheit, neue Walzen und schnelle Einstellung stehen im Focus.
Der Arbeitswinkel der neuen Claas-Maispflückermodelle wurde verringert auf 17° Neigung. Dadurch sollen Kolbenverluste, vor allem durch das Kolbenspringen, reduziert werden. Zusätzlich sorgt die flache Arbeitsposition auch bei Lagermais für eine konstant hohe Leistung. Beide Modellreihen Corio und Corio Conspeed werden mechanisch über zwei Winkelgetriebe und eine Getriebewelle angetrieben. Alle neuen Modelle verfügen über speziell geformte Hauben, die sich durch eine schmale Spitze und schlanke Seitenwangen auszeichnen. Die neu konzipierten Hauben vereinfachen die Wartung und Reinigung der mechanischen Elemente. Über einen speziell entwickelten Öffnungsmechanismus lässt sich jede Haube ohne Werkzeug um knapp 90° aufklappen. So können die Förderketten schnell gespannt, gewechselt oder etwa für die Sonnenblumenernte neu ausgerichtet werden.
Alle klappbaren Modelle der neuen Corio-Baureihe sind darüber hinaus mit einem kompakten Klappmechanismus ausgestattet. Der Vorsatz wird dabei um 80 cm verkürzt und bietet dem Fahrer freiere Sicht bei Straßenfahrten. Das Zusammenklappen erfolgt von der Fahrerkabine aus, zusätzliches Werkzeug wird nicht benötigt.
Die Corio-Modelle sind mit gradlinigen Pflückwalzen ausgerüstet. Jede Walze verfügt über vier aufschraubbare, individuell einstellbare Messer und neue Pflückplatten. Die neuen Corio Conspeed-Maispflücker arbeiten mit konisch geformten Pflückwalzen. Durch den nach hinten zunehmenden Durchmesser der Walzen soll die Maispflanze auch bei höherer Fahrgeschwindigkeit sanft eingezogen und erst im weiteren Verlauf zunehmend schneller werden, schildert Claas. Das ermögliche in trockenen Beständen einen hohen Durchsatz und verringere Kolbenverluste, Bruchschäden oder unerwünschtes Pflanzenmaterial in der Maschine. Neben den Serienwalzen sind alle Modelle auch mit Hybridwalzen verfügbar.
Hans-Günter Dörpmund, Redaktion LOHNUNTERNEHMEN
Der Artikel ist in der Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Ausgabe November 2016 erschienen.