Deula-Tipp: Schraubenverbindungen

Schraubenverbindungen zu lösen, festzuziehen und zu erneuern, ist in der landtechnischen Werkstatt Alltag. Dabei ist einiges zu beachten.
(Fotos: Keppler)

Der 17/19er Ringschlüssel ist vielleicht das meistgebrauchte Werkzeug in der Werkstatt eines Lohnunternehmers. Dass man damit eine 10- bzw. 12-mm-Schraube festzieht oder löst, weiß wohl jeder. Was aber die 8.8 auf dem Schraubenkopf bedeutet, ist längst nicht jedem bekannt. Dabei handelt es sich um die Festigkeitsklasse. Die Bezeichnungen reichen von 3.6 bis 12.9, die 8.8 ist die wohl meist verwendete Schraube.
Die Ziffer links des Punkts steht für die Zugfestigkeit des Materials und gibt die Spannung an, welche der Werkstoff maximal absorbieren kann. Geht die Belastung über diese Grenze hinaus, kommt es zur Verformung, die bis zu einem Abriss gehen kann. Die Ziffer rechts des Punkts gibt die Streck- bzw. Dehngrenze an. Damit wird angegeben, mit welcher Kraft die Schraube gedehnt werden kann und bis zu der sie noch in ihre Ausgangsform zurückfindet.

Zugfestigkeit und Streckgrenze

Die Zugfestigkeit ist in 1/100 N/mm² angegeben. Das bedeutet bei der 8.8-Beispielschraube 800 N/mm². Da ein Gewinde den Querschnitt einer Schraube mindert, gibt es einen Spannungsquerschnitt, der geringer ist als der, welcher sich aus der Schraubenstärke ergeben würde. Bei einer Normalgewindeschraube von 10 mm Stärke beträgt der Spannungsquerschnitt, aus dem sich die Zugfestigkeit ergibt, 58 mm². Bei 800 N/mm² hat diese Schraube eine maximale Zugfestigkeit von 46.400 N. Rechnet man für 1 kg Gewicht 9,81 N, wäre bei etwa 4.700 kg mit einem Abriss der Schraube zu rechnen. Da bei Schraubenmuttern die Streckgrenze keine Rolle spielt, ist auf ihnen nur ein Wert angegeben.
Die Streckgrenze wird errechnet, indem man beide Werte miteinander und dann mit zehn multipliziert. In dem Beispiel ergibt sich dadurch eine Streckgrenze von 640 N/mm² bzw. 37.120 N bei den 58 mm² Spannungsquerschnitt. Das bedeutet, dass diese Schraube rechnerisch bei einer Belastung von mehr als 3.780 kg eine Dehnung erfahren würde, aus der sie nicht wieder in ihre Ausgangslänge fände.

Anziehdrehmoment

Im Werkstattalltag ist allerdings der Wert für das Anziehdrehmoment eher von Bedeutung. Drehmoment ist die sich aus Kraft mal Kraftarm ergebende Drehwirkung. Für viele Schraubenverbindungen ist ein bestimmtes Drehmoment beim Anziehen vom Hersteller vorgegeben. Es wird in Nm (Newtonmeter) angegeben und mittels eines Drehmomentschlüssels auf die Schraube übertragen.
Dabei ist zu beachten, dass es sich auf leichtgängige Schrauben wie im Neuzustand bezieht. Das geforderte Moment ergibt sich nicht aus der Festigkeit der Schraube, sondern aus den Bedürfnissen und der Beschaffenheit der zu verbindenden Bauteile und sollte unbedingt eingehalten werden.

Die DEULA rät

Nicht jede Schraube will, wie sie soll. Sind Schrauben stark angerostet und nicht mehr so einfach zu lösen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, trotzdem zum Erfolg zu kommen. Als erstes sollte, soweit möglich, mechanisch entrostet werden. Rostlösende Öle können zum Ziel führen, besonders, wenn sie eine ordentliche Einwirkzeit bekommen und wiederholt angewendet werden. Größere Kräfte als mit einem gewöhnlichen Gabel- oder Ringschlüssel, der auf die Kanten des Sechskants wirkt, kann man mit speziell profilierten Schlüsseln ausüben, die die Kraft auf die Flanken leiten. Eine Verformung des Schraubenkopfs bzw. der Mutter kann dadurch oft vermieden werden.

Lässt sich der Rost nicht ausreichend entfernen, ist es ratsam, immer wieder die Drehrichtung zu wechseln, um nicht durch immer mehr Rost die Mutter stärker und stärker zu blockieren. Soll eine festgerostete Verbindung durch Erhitzen und Abkühlen gelöst werden, ist dabei zu bedenken, dass sich dadurch im Material Gefügeumbildungen ergeben und sich die Festigkeit ändert. Gerade sicherheitsrelevante Verbindungen sollten so nicht malträtiert werden. Neben der offenen Flamme mit Acetylen und Sauerstoff haben sich seit einiger Zeit Induktionsheizgeräte bewährt, die allerdings für eine nur gelegentliche Anwendung sehr teuer sind. Sollte ein zerstörungsfreies Lösen nicht mehr erreichbar sein, kann ein Mutternsprenger zur Anwendung kommen. Der zerstört zwar die Mutter, erhält aber in der Regel den Bolzen. Bei der Anschaffung eines Mutternsprengers sollte auf sehr gute Qualität geachtet werden.

Beim Austausch von Schrauben ist darauf zu achten, dass

• sortengleich getauscht wird und Zugfestigkeit sowie Streckgrenzen gleich sind;
• Schrauben aus Edelstahl bei gleichem Querschnitt niedrigere Zugfestigkeit und Streckgrenzen besitzen;
• Edelstahlschrauben eine hohe Neigung zur Kaltverfestigung haben, die Mutter sich festfrisst und dadurch die nötige Spannkraft nicht erreicht wird. Um das zu verhindern, wird der Einsatz von Grafit empfohlen.

Willy Holtmann,
Dozent für Metall- und Schweißtechnik DEULA Westerstede

 

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