LU-Verkehrstipp: Traktoreneinsatz im Winterdienst

Verkehrsexperte Martin Vaupel von der Landwirtschaftskammer Niedersachen beantwortet wichtige Fragen zum Einsatz von Traktoren im Winterdienst.
(Foto: Lützen)

Welcher Führerschein für Traktoren ist im Winterdienst erforderlich?
Die Fahrerlaubnisklassen L und T dürfen nur für land- oder forstwirtschaftliche (lof) Zwecke nach § 6 Absatz 5 der Fahrerlaubnisverordnung genutzt werden. Darunter fällt auch der Winterdienst! Dabei spielt es keine Rolle ob der Winterdienst für die örtliche Gemeinde, für Privatpersonen oder gewerbliche Betriebe, wie Supermarkt oder Industriegebiete, durchgeführt wird.
Ist die "95" erforderlich?
Wird mit Klasse L und T gefahren, schließt das automatisch die Berufskraftfahrerqualifikation (95) aus. Auch beim Einsatz von Lkw oder Unimog, die mit der Führerscheinklasse C/CE gefahren werden müssen, wird die 95 nicht benötigt, wenn diese Fahrzeuge mit einem Streugutaufbau ausgerüstet sind, da das Streugut ein Betriebsmittel zur Verrichtung von Arbeitsleistung des Streufahrzeugs ist.
Ist das grüne Kennzeichen okay?
Wird Winterdienst von Lohnunternehmen für Gemeinden, Kommunen, Gewerbebetriebe (Supermärkte, Industriebetriebe, etc.) oder Privatpersonen durchgeführt, ist Kfz Steuer fällig. Werden die sonst steuerbefreiten Fahrzeuge mit grüner Nummer nur gelegentlich für den gewerblichen Winterdienst verwendet, besteht die Möglichkeit die grüne Nummer zu behalten. Die Tätigkeit muss vorab beim Hauptzollamt gemeldet werden und die Fahrzeuge werden für die Zeit des Einsatzes, jedoch mindestens für einen Monat, versteuert.
Ist der Fahrtenschreiber Pflicht?
Lof Zugmaschinen bis zu einer bbH von 40 km/h sind generell vom Fahrtenschreiber befreit und es müssen keine Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden. Auch Schlepper oder andere Kraftfahrzeuge die schneller als 40 km/h zugelassen sind, sind im Rahmen des Winterdienstes von der Kontrollgerätepflicht befreit, da sie nach § 18 Absatz 1 Nr. 8 der Fahrpersonal-Verordnung unter die Straßenunterhaltung und –kontrolle und somit unter die Ausnahmen fallen.

Im Winterdienst kann dieses Gespann mit der Klasse T gefahren werden. Da der Schlepper auf 50 km/h zugelassen ist muss der Fahrer 18 Jahre alt sein. (Foto: Vaupel)

Benötigt der Traktor Winterreifen?
Traktoren sind in der Regel mit grobstolligen Reifen ausgerüstet. Nach § 2 Absatz 3a der StVO, sind so ausgerüstete Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft generell von der Winterreifenpflicht befreit.
Wie breit darf das Schneeschild sein?
Traktoren dürfen für den Winterdienst, aufgrund der Ausstattung mit Breitreifen bis zu 3 m breit sein (nach 35. Ausnahme-VO StVZO). Für Schneeräumgeräte und Winterdienstfahrzeuge gibt es in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) keine Vorgaben zur Breite. Das bedeutet, dass ein Schneeräumschild auch breiter als 3 m sein darf. Aber, Vorsicht: der Fahrer ist natürlich verantwortlich für den Einsatz!
Welche Beleuchtung benötigt der Traktor im Winterdienst?
Für die Kenntlichmachung von Winterdienstfahrzeugen gibt es in § 30 der StVZO ein extra Merkblatt. Einige Auszüge daraus:

  • Ausrüstung mit einer oder mehreren Kennleuchten für gelbes Blinklicht.
  • Hochgesetzte Zusatzscheinwerfer bei Verdeckung der normalen Scheinwerfer durch das Schneeräumgerät. Es darf nur jeweils ein Scheinwerferpaar eingeschaltet sein.
  • Werden die Scheinwerfer oben im Schlepperdach verwendet, darf mit dem Schlepper nicht schneller als 30 km/h gefahren werden (§ 50 Absatz 3 Nr. 2 StVZO).
  • Schneeräumgeräte die seitlich mehr als 400 mm über den äußeren Rand der Begrenzungs- und Schlussleuchten des Fahrzeugs hinausragen müssen mit eigenen Begrenzungsleuchten, Schlussleuchten und Rückstrahlern ausgerüstet sein.
  • Wird die Beleuchtung vom Fahrzeug z. B. durch einen angebauten Streugutstreuer verdeckt, ist die Beleuchtung am Anbaugerät zu wiederholen.

Sind weitere technische Vorgaben zu erfüllen?
Die Schneeräumgeräte werden am Frontkraftheber des Schleppers angebaut. In den meisten Fällen wird dadurch das zulässige Vorbaumaß (Lenkradmitte bis Vorderkante Anbaugerät) von 3,50 m überschritten. Die Sichtfeldeinschränkung muss ausgeglichen werden. Vorbau-Kamera-Monitor-Systeme (VKMS) sind für diese Aufgabe bestens geeignet. Für den Winterdienst wird bei kommunalen Ausschreibungen oder auf vielen Bauhöfen mittlerweile ein zertifiziertes Kamerasystem verpflichtend vorgeschrieben.
Ist Schneetransport gewerblicher Güterkraftverkehr?
Beim Abtransport von Schnee aus Ortschaften und von Parkplätzen oder ausschließlichem Transport von Streugut, handelt es sich um eine Güterbeförderung. Erfolgt diese entgeltlich ist eine Erlaubnis für den gewerblichen Güterverkehr erforderlich. Ist dieser Transport innerhalb einer Dienstleistung vereinbart und erfolgt auf eigene Rechnung des Lohnunternehmens kann es sich um Werkverkehr handeln, der beim Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM, ehemals BAG) gemeldet werden muss.

Für den Winterdienst wird bei kommunalen Ausschreibungen oder auf vielen Bauhöfen mittlerweile ein zertifiziertes Kamerasystem verpflichtend vorgeschrieben.

Ist Winterdienst von der Maut befreit?
So lange keine Güter transportiert werden, ist auch keine Maut fällig. Eine weitere Mautbefreiung ergibt sich aus § 1 Absatz 2 Nr. 3 Bundesfernstraßenmautgesetz: Danach sind Fahrzeuge, die ausschließlich für den Straßenunterhaltungs- und Straßenbetriebsdienst einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst verwendet werden, von der Maut befreit. Allerdings ist darauf zu achten, dass diese Fahrzeuge für die genannte Zwecke erkennbar sind.
Was ist im Katastrophenfall zu beachten?
In der Vergangenheit kam es öfters zu örtlichen Schneekatastrophen. Lohnunternehmer sind schon immer schnell und unbürokratisch eingesprungen um zu helfen – das ist auch gut so! In einem Katastrophenfall können dann viele der beschriebenen rechtlichen Vorgaben außer Kraft gesetzt werden, jedoch sollten sich die Helfenden dennoch vorher beim örtlichen Bürgermeister oder Krisenstab über die rechtliche Lage informieren und für die Arbeitsleistung einen Auftrag erteilen lassen.

Martin Vaupel,
Landwirtschaftskammer Niedersachsen