Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung

Das neue Urteil zur Arbeitszeiterfassung hat die Arbeitswelt erneut wachgerüttelt.* Der Beschluss ist leider noch nicht veröffentlicht.

Die Grundlage basiert auf dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und ähnelt der Begründung im sog. Stechuhrurteil“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14.5.2019 (Az. C-5/18).

Dem EuGH zufolge haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer zu wahren. Dafür müssten die Mitgliedstaaten Regelungen schaffen, wonach alle Arbeitgeber die geleistete tägliche Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter durch ein objektives, verlässliches und zugängliches System erfassen müssen. Überstunden ließen sich nämlich nur sinnvoll bestimmen, wenn die gesamte geleistete Arbeitszeit bekannt sei. Andererseits könnten Arbeitnehmer ihre Überstunden nicht wirksam beweisen und dadurch von der Wahrnehmung ihrer Rechte abgehalten werden. 

Urteile des EuGH gelten grundsätzlich nur zwischen den Parteien verbindlich, hätten seitens der deutschen Gerichte jedoch mittels sog. richtlinienkonformer Auslegung der deutschen Vorschriften in Streitfällen berücksichtigt werden müssen, was nur unzureichend erfolgte. Auch der deutsche Gesetzgeber versicherte, keine verpflichtende Arbeitszeiterfassung einführen zu wollen.

Nunmehr wurde der Gesetzgeber durch das BAG eingeholt. In dem Fall ging es um einen Betriebsrat, der sich im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte befugt sah, den Arbeitgeber zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems zu verpflichten. Dies lehnte das BAG mit der Begründung ab, die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ergebe sich ohnehin bereits aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG.

Das Bundesarbeitsministerium möchte zunächst den endgültigen Beschluss des BAG auswerten, bevor es eine Entscheidung trifft. Diese Auswertung bleibt abzuwarten. Bisher ergibt sich die Pflicht der Arbeitszeiterfassung aus dem Mindestlohngesetz, wonach (für LU eingeschränkt) die Pflicht besteht Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit zu erfassen. Sowie aus dem Arbeitszeitgesetz, wonach die über 8 Stunden hinausgehende Arbeitszeit zu dokumentieren ist.

Zwar liegt nach dem BAG die gesetzliche Verpflichtung zur Arbeitserfassung offenbar schon vor. Doch ist ein Verstoß (noch) nicht bußgeldbewährt. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dürfte das Fehlen einer Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitgeber hinsichtlich der Beweisbarkeit von Überstunden, Pausen etc. allerdings zu Lasten des Arbeitgebers gehen. 

Sebastian Persinski, BLU

*Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. September 2022 – 1 ABR 22/21

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