„Wenn Du was machst, dann mach’s g’scheit.“
LOHNUNTERNEHMEN hat Dr. Heribert Reiter, der unter anderem lange Zeit im VDMA-Präsidium tätig war, im November interviewt – und neben Erinnerungen vor allem viel Ausblick auf die Landtechnik von morgen erfahren.
Walter Wagner, bisheriger Vice President Engineering Fendt Tractors, übernimmt mit Wirkung zum 1. Januar 2022 die Position des Geschäftsführers für Forschung & Entwicklung bei AGCO/Fendt. Damit folgt er Dr. Heribert Reiter nach.
LOHNUNTERNEHMEN: Herr Dr. Reiter, Sie waren nach Ihrem Maschinenbaustudium Ende der Achtzigerjahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU München tätig – wie kam es zum Schwenk in die Landtechnik und zu Fendt?
Dr. Heribert Reiter: Ich stamme ursprünglich von einem landwirtschaftlichen Betrieb, und bis heute sind zwei meiner Brüder aktive Landwirte, mit typisch oberbayerischen Betrieben. Mein Vater gehörte bei uns im Dorf zu den Trendsettern, indem er für technische Lösungen stets sehr offen war und sie als einer der ersten ausprobierte – zum Beispiel mit einem selbstfahrenden Mähdrescher schon in den Fünfzigerjahren. Somit hatte ich immer eine Affinität zu Landmaschinen. Schon als Kinder durften wir Schlepper fahren. Und als Jugendlicher verspürte ich den Wunsch, Dinge technisch verbessern zu wollen. Insofern war der Weg – technisches Studium mit landwirtschaftlichem Hintergrund – quasi vorgezeichnet.
Am Institut für Landmaschinen und Traktoren an der Technischen Universität in München bei Prof. Renius, ließ sich das optimal kombinieren. So kam auch früh der Kontakt nach Marktoberdorf zustande. Und ohne pathetisch klingen zu wollen. Fendt war von Anfang an mein Wunsch-Arbeitgeber. Dass sich dies so hervorragend entwickeln würde, bis hin zur weltweiten Verantwortung für Traktoren im AGCO-Konzern und als Mitglied der Fendt-Geschäftsführung, war jedoch am Anfang unvorstellbar. Da lag der Start in der Getriebeentwicklung und im Versuchswesen.
Welchen Einfluss hat dieser landwirtschaftliche Hintergrund auf Ihre Arbeit gehabt?
Das war mir immer sehr wichtig! Man muss es immer mit den Augen der Kunden sehen, was die Zuverlässigkeit, die Qualität und die Nachhaltigkeit angeht. Wer den Bedarf der Praxis nicht kennt und die Sprache der Kunden nicht versteht, kann bei der Entwicklung von Landtechnik nicht wirklich erfolgreich sein. Deshalb war und ist es mir wichtig, dass in unserem Entwicklungsbereich viele Mitarbeiter tätig sind, die direkt aus der Landwirtschaft stammen oder zumindest aus dem ländlichen Raum. Diese wissen, was die Praxis braucht und warum. Die Kombination aus absoluten Technikexperten und dem Wissen um die Kundenanforderungen – das ist die optimale Mischung, aus der die wesentlichen Impulse in der Produktentwicklung kommen.
Und – auch das ist mir sehr wichtig – es sollten immer schnelle und unbürokratische Lösungen gefunden werden. Ich habe mir die Devise meines Vaters zu eigen gemacht, der meinte: Wenn Du was machst, dann mach’s g’scheit. Das ist auch unser Anspruch hier im Team. Natürlich ist auch bei uns nicht alles perfekt. Aber wenn etwas nicht in Ordnung ist, dann darf man den Kunden nicht im Regen stehenlassen. Kurzum: Eine schnelle Lösung macht den Unterschied. Das gehörte schon immer zum Selbstverständnis und dem Geschäftsmodell der Marke Fendt.
Was sind Ihre Highlights aus den 31 Jahren bei Fendt?
Davon gab es viele – diese alle hier aufzählen zu wollen, würde jeden Rahmen sprengen. Aber wenn ich einige wenige aufgreifen soll, gehört die Entwicklung des Variogetriebes, bei der ich maßgeblich unterstützen konnte, auf jeden Fall dazu! Ein besonderer Moment war sicher auch der Verkauf des Unternehmens an AGCO, was sich sehr positiv in den Jahren danach ausgewirkt hat. Ein weiterer Punkt ist die Entwicklungsarbeit an sich, die in dieser Zeit eine enorme Wandlung vollzogen hat – rein auf die Technik der Produkte bezogen, aber auch auf die Art und Weise der Entwicklung und der „Entwicklungs-Werkzeuge“. Vor 30 Jahren gab es eine elektronische Hubwerksregelung in Traktoren – aber das war es dann auch schon mit der Elektronik. Das erste Variogetriebe hatte noch einen mechanischen Verstellhebel, um die Geschwindigkeit zu regulieren. Fast über Nacht haben wir dann das gesamte Konzept verworfen und eine elektronische Steuerung über die Armlehne auf den Weg gebracht. Und heute gibt es Jahr für Jahr enorme Fortschritte im Bereich der Elektronik und Digitalisierung, wobei das Tempo immer noch rasant zunimmt.
Ein anderer Höhepunkt für mich war sicher ab 2009 die Übertragung des Vario-Konzepts in Schmalspurschlepper. Die technische Umsetzung nach unserem Qualitätsanspruch war eine sehr große Herausforderung – aber es ist bestens gelungen, und zwar dank eines hervorragenden Entwicklungs-Teams, mit denen ich in all‘ den Jahren zusammenarbeiten konnte. Darauf bin ich schon stolz.
Das gilt vermutlich auch für das andere Ende des Sortiments – den Standardschlepper mit mehr als 500 PS …
Eindeutig ja! Ich hätte mir vor 30 Jahren nie träumen lassen, dass in Marktoberdorf mit dem Fendt 1000 Vario einmal der stärkste Standardschlepper der Welt vom Band läuft, noch dazu mit einem so großen Erfolg. So etwas von der Idee bis zur Serienreife entwickeln zu dürfen, macht sehr viel Freude und ist sicher ein Highlight im Berufsleben eines Ingenieurs...
Das komplette Interview lesen Sie in der Zeitschrift LOHNUNTERNEHMEN Ausgabe 12/2021: